Mario Günther vom städtischen Bauamt erklärt den Teilnehmern der Ortsbegehung den Regenwasserablauf an der Bahnstraße. Foto: Ludwig
Nachdem das Meerholzer Ortsbeiratsmitglied Klaus Volz (BG) auf Problemstellen der Abwasserbeseitigung aufmerksam gemacht hatte, hat die Stadt rasch reagiert.
Mitarbeiter der Stadtverwaltung stellen dem Ortsbeirat Meerholz vor Ort das hochkomplexe System vor. GNZ 23.10.2021
Gelnhausen-Meerholz (jol). In einer ausführlichen Führung haben Mario Günther und Jürgen Koch im Namen der Stadt Gelnhausen das hochkomplexe Abwassersystem in Meerholz vorgestellt. Der Ortsbeirat um den Vorsitzenden Jochen Zahn hatte gebeten, im Rahmen einer Diskussion rund um den Hochwasserschutz zu informieren. Die schwierige Lage im Unterdorf war den meisten bereits bekannt, dass jedoch nun auch ein Biber mitmischt, überraschte die zahlreichen Gäste doch sehr.
Die Ecke Bahnstraße und Mühlrainstraße ist entscheidend für die Entwässerung in Hailer und Meerholz. „Hier läuft das gesamte Abwasser aus Hailer und ein Drittel aus Meerholz zusammen“, berichtete Mario Günther vom städtischen Bauamt. Wie der weitere Teil aus Meerholz, der über den Bereich rund um die Mehrzweckhalle geführt wird, landet das Abwasser in der Kläranlage des Zweckverbands Freigericht bei Niedermittlau. Etwa 15 Prozent in Meerholz haben ein getrenntes System für Schmutz- und Regenwasser. Die meisten Haushalte sind an das Mischsystem angeschlossen, bei dem Regenwasser gemeinsam mit dem Abwasser der Bürger abgeleitet wird. Diesem System sind allerdings Grenzen gesetzt. „Wenn es zu stark regnet, kann es vorkommen, dass nicht nur Regenwasser in den Graben läuft, sondern auch Mischwasser abgeschlagen wird“, erklärte der Tiefbauexperte des Bauamts Gelnhausen. „Dafür braucht es eine Sondergenehmigung“, ergänzte der städtische Umweltberater Jürgen Koch.
Das Abschlagen funktioniert mit einem U-förmigen Bauwerk. Sobald die Wassermassen zu groß werden, fließt das überschüssige Mischwasser ab. Da das fast ausschließlich bei starkem Regen passiert, ist der Anteil an Regenwasser deutlich größer als der des Schmutzwassers. „Es kommt aber schon vor, dass Toilettenpapier hängen bleibt“, so Mario Günther. Dies gelte auch für den Graben am Baugebiet Bruchweg. Zwei Vorfluter können in den eigentlichen Regenwasserkanal abschlagen.
Die vielen beteiligten Anwohner sahen den Graben an der Bahnlinie als eines der Probleme. Dieser befindet sich auf dem Gelände der Deutschen Bahn und wird von der Stadt Gelnhausen gepflegt. Die Vorarbeiten für den Ausbau der Strecke hätten aber Probleme mit sich gebracht. Neu gelegte Kabelleitungen machen die Pflege an manchen Stellen derzeit unmöglich. Zudem komme es immer wieder zu Problemen, dass gerade an einer Engstelle am Waschbachweg Kompost und Grünschnitt einfach in den Graben geworfen werden. „Allerdings hat die Bahn auch eine Verrohrung von fünf auf 20 Meter verlängert. Hier sind wir in Gesprächen“, berichtete Mario Günther. Fünf Meter Rohr könne man noch leicht frei halten, was bei 20 Metern nicht mehr gehe. Allerdings waren die Anwohner auch unzufrieden mit dem allgemeinen Pflegezustand und der Tatsache, dass die Querung unter der Bahnlinie 750 Meter entfernt nahe der Gärtnerei Frank erfolgt. Ein weiteres Rohr unter der Bahn könnte aber auch für neue Probleme und nicht nur für Lösungen sorgen.
„Wassermassen wie im Ahrtal sind nicht zu beherrschen. Wir haben schon versucht, mehr Wasser im Wald zu halten. Aber das war nicht so erfolgreich wie erhofft“, fasste Jürgen Koch zusammen. „Es geht auch um ein Stück Eigenverantwortung des Bürgers. Die Stadt Gelnhausen kann nicht alles regeln“, meinte Ortsvorsteher Jochen Zahn aus eigener Erfahrung mit Wasser aus dem Wald, das bis an sein Haus geflossen sei. In Sachen Abwasser sei ein Rückschlagventil oder -klappe wichtig, auch um Versicherungsschutz zu gewährleisten.
Der Weg der Besichtigung führte auch am Pumpwerk vorbei, das Schmutzwasser vom Bruchweg in Richtung Bahnstraße pumpt. „Diese Station wird wie das gesamte System in Hailer und Meerholz von Abwasserverband Gelnhausen gepflegt und kontrolliert, da dort ausreichend Manpower vorhanden ist“, erklärte Mario Günther. Ein Stück weiter ist eine weitere Engstelle im Graben, wo dieser die Schallschutzmauer passiert. Hier werde bei Modernisierung der Wand, die im Rahmen des Ausbaus der Bahnstrecke erfolgen könnte, darauf geachtet, dass nicht wieder eine solche entsteht.
„Der Graben wird bei der Gärtnerei Frank mit einem 1000er Rohr unter der Bahnstrecke weiter in Richtung Kinzig geführt“, berichtete Jürgen Koch. Kurz vor dem Fluss wurde allerdings ein neuer Staudamm errichtet. „Der Biber ist dort aktiv geworden. Es freut uns, dass das Tier in seinen angestammten Bereich zurückkehrt, es sorgt aber auch für neue Probleme.“ Aktuell staue sich das Wasser nicht bis in den Graben zurück. Gemeinsam mit dem Biberbeauftragten des Regierungspräsidiums Darmstadts werde nach einem Kompromiss gesucht. Dies könne eine Umleitung oder ein Rohr sein, um sowohl dem Biber als auch dem Zweck des Regenwasserabflusses gerecht zu werden.
Die Bürger waren überrascht, wie komplex sich das Abwassersystem vor Ort erwies. Durch den Biber ist es noch ein Stück komplexer geworden. In der nächsten Sitzung des Ortsbeirats soll das Thema Ab- und Hochwasser weiter vertieft werden, um eventuelle Maßnahmen zum Wasser- und Hochwasserschutz auf den Weg bringen zu können.