Die SPD schießt gegen die BG und zeigt doch auf sich selbst

Ein Kommentar von David Noll, stellvertretender Redaktionsleiter der GNZ, zur Pressemitteilung der SPD in der GNZ vom 07.07.2020

Man sagt, getroffene Hunde bellen. Wenn dieses Sprichwort stimmt, muss die Gelnhäuser SPD ein stark getroffener Hund sein. Seit Monaten bellen, kläffen und keifen die Sozialdemokraten vor allem in eine Richtung: in die ihres früheren Koalitions- und Kooperationspartners BG. Mitunter beißen die Genossen auch völlig ungehemmt unter die Gürtellinie. Wie in ihrer aktuellen Pressemitteilung. Dabei sind die Aussagen von Fraktionschef Ewald Desch an Dreistigkeit kaum zu überbieten, sie sind wohlfeil, völlig überzogen und zeigen am Ende vor allem eines: Dieser Gelnhäuser SPD geht der Allerwerteste mächtig auf Grundeis.

Anders ist es nicht zu erklären, dass die Sozialdemokraten immer dann gegen die BG austeilen, wenn es um Themen geht, die vor allem eine Handschrift tragen: die der SPD und ihrer in der Vergangenheit maßgeblichen Entscheidungsträger. Sei es in der Debatte um den „Mittlauer Weg“ in Meerholz oder in der Diskussion über die Aufarbeitung des Stadthallen-Schlamassels.

Deschs erneute Angriffe sind aber zunächst einmal eines: Sie sind auf menschlicher Ebene absolut unterste Schublade. Kritik an der BG ist mitunter völlig berechtigt. Auch die GNZ hat in der Vergangenheit BG-Vertreter für deren Verhalten teilweise hart kritisiert, etwa in der emotional stark aufgeheizten Frage nach der Beseitigung des Bahnübergangs zwischen Hailer-Meerholz und Lieblos. Den BG-Stadtverordneten Delhey und Zahn aber „Hass und Hetze“ zu unterstellen, wie Desch es tut, ist nicht nur vollkommen daneben. Solche Aussagen sind auch Gift für die kommunale Demokratie. Wer Delhey und Zahn kennt, sei es persönlich oder als Beobachter deren Verhaltens in der Politik, dem fallen gewiss nicht immer nur positive Attribute ein. Das ständige Nachhaken der BG, das Hinterfragen, das Sticheln, das In-Zweifel-Ziehen, ja, das alles ist mitunter anstrengend. Allein, häufig genug hat dieses Verhalten seinen berechtigten Grund.

„Hass und Hetze“ sind Begriffe, die in der aktuellen politischen Landschaft im gesamten Land immer wieder verwendet werden. Entweder in Diskussionen über die AfD oder aber in Wortbeiträgen der Scharfmacher aus dieser Partei selbst. Delhey und Zahn aber „Hass und Hetze“ zu attestieren, ist unredlich. Und vor allem: Auch im Gelnhäuser Stadtparlament geht es teilweise nicht gerade zimperlich zu. In diesem Punkt hat Desch sogar recht. Er sollte mit seiner Kritik allerdings auch in Richtung der eigenen Fraktion zielen. Zu erinnern ist da etwa an die Sitzung der Stadtverordneten im vergangenen Herbst in der Jahnhalle in Hailer. Damals schickte sich BG-Mann Zahn am Rednerpult an, verschiedene Vorgänge rund um das Thema „Stadthalle“ aufklären zu wollen. Daran wurde er immer wieder durch lautstarke und vehemente Zwischenrufe aus den Reihen der SPD, vor allem aus der Fraktionsspitze um Desch und seinen Stellvertreter Walter Nix, derart gehindert, dass Zahn seinen Beitrag letztendlich resigniert abbrach.

Deschs Äußerungen in der Pressemitteilung sind aber nicht nur menschlich deplatziert. Sie werfen auch inhaltlich Fragen auf. So graben die Genossen tief in der Vergangenheit, um die Bürger der Barbarossastadt auf vermeintlich teures Fehlverhalten der „Bürger für Gelnhausen“ aufmerksam zu machen. Die Generalsanierung des Barbarossabades ist inzwischen fast 20 Jahre her, die Debatte um die Bahnunterführung zwischen Gelnhausen und Altenhaßlau lief sogar über Jahrzehnte, fand letztendlich im Jahr 2012 ihr erfolgreiches Ende. Wenn die BG, wie Desch beklagt, dieses Projekt durch „eingeforderte unsinnige und überflüssige Zusatzarbeiten“ um rund 1,2 Millionen Euro verteuert hat, stellt sich die Frage, warum Deschs SPD überhaupt seit der Kommunalwahl 2006 mit der BG im Parlament eine Koalition gebildet hat und warum die Genossen nicht mäßigend auf ihren Partner eingewirkt haben.

Aber, und das ist der wichtigste Punkt: Man muss nicht derart in der Vergangenheit graben, um in Gelnhausen Projekte zu finden, die den Steuerzahler entweder viel Geld gekostet haben oder möglicherweise noch viel Geld kosten werden. Auch in jüngerer Vergangenheit sind Projekte in der Barbarossastadt schiefgelaufen – und die allermeisten davon tragen vor allem die Handschrift einer Partei: die von Deschs SPD.

Da ist zunächst die verkorkste Entwicklung der Joh-Immobilie. Ob sie der Stadt auch einen finanziellen Schaden beschert hat, wird die Zukunft zeigen. Sicher gelitten haben aber das Image und das Vertrauen der Gelnhäuser Bürger in die Politik. Der gerade in sozialen Netzwerk oft bemühte Witz, dass der Berliner Flughafen BER wohl früher fertig werden wird als ein wie auch immer geartetes Joh-Projekt, wird dieses Jahr traurige Realität. Dann ist da die Entwicklung der ehemaligen Housing-Area, die zwar ein wichtiges und erfolgreiches Projekt für die Stadt gewesen ist, aber eben auch ein teures. Alleine durch jahrelange juristische Auseinandersetzung zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG), die die Stadt am Ende 1,6 Millionen Euro gekostet hat.

Dann ist da die Debatte um den Verkauf und die Verpachtung öffentlicher Grünflächen im Neubaugebiet „Mittlauer Weg“ in Meerholz, die nicht nur die dortigen Anwohner entzweit hat, sondern die Stadt bei einer möglichen juristischen Aufarbeitung des Themas ebenfalls viel Geld kosten könnte. Und zu guter Letzt sind da die Fragen rund um die offensichtlich marode Stadthalle sowie – bisher deutlich weniger im Fokus – vieler anderer Hallen im Stadtgebiet. Die Frage nach der Verantwortung für die Schäden ist zwar bis heute nicht geklärt. In den vergangenen Jahren ist allerdings wenig passiert, um entweder die Verantwortung zu klären oder die offensichtlichsten Mängel zu beseitigen. Und dies über Jahre unter einem SPD-Bürgermeister, einem Bauamtsleiter mit SPD-Parteibuch und einer satten SPD-Mehrheit im Stadtparlament.

Angesichts all dieser teuren Baustellen sollte die Gelnhäuser SPD heute also nicht lautstark mit dem Finger auf andere politische Akteure zeigen, sondern wäre besser beraten, öffentlich einzugestehen, dass auch die Genossen in den vergangenen Jahren mitunter ordentlich Mist gebaut haben. Wenn sie das nicht können oder wollen, sollten sie sich in Anbetracht der offenkundigen Missstände dann aber eher verschämt in die Ecke setzen, schweigen und darauf hoffen, dass die Wähler die Sozialdemokraten bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr nicht zu sehr abstrafen.