Arroganz der Macht, GNZ 2019-06-01

Mittlauer Weg: BG fordern Transparenz und drängen auf Beantwortung der zahlreichen offenen Fragen

Gelnhausen (re). Für die „Bürger für Gelnhausen“ ist das Thema „Mittlauer Weg“ noch nicht abgeschlossen. Die BG geht nicht davon aus, dass der inzwischen gebildete Akteneinsichtsausschuss eine Klärung bringen wird. Dafür spreche eine Äußerung von Bürgermeister Daniel Glöckner (FDP) am Rande einer Präsidiumssitzung am vergangenen Dienstag. Demzufolge gestatte er lediglich die Einsichtnahme in die Akten des Magistrats. Die Unterlagen der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) stünden indes nicht zur Verfügung. Auf die Antwort des BG-Fraktionsvorsitzenden Bodo Delhey, er werde dann als Gesellschafter der SEG versuchen, Einsicht zu erhalten, habe er mit der Bemerkung reagiert, das werde er erst einmal juristisch prüfen lassen.

„Was wir wollen, ist Transparenz. Wir wollen nicht angelogen werden und möchten Antworten auf unsere Fragen“, betont Bodo Delhey in einer Mitteilung. „Wir bestehen auf der Umsetzung des von der Stadtverordnetenversammlung als Satzung beschlossenen Bebauungsplanes. Und wir bestehen auf einem fairen Umgang mit den Käufern von Grundstücken in dem Neubaugebiet – nicht mehr und nicht weniger.“ Bereits kurz nach Beginn der Veräußerungen öffentlicher Grünflächen im April 2016 habe er darauf hingewiesen, dies verstoße gegen die Bestimmungen des B-Planes, und davor gewarnt, Bauherren könnten sich getäuscht fühlen, da sie beim Kauf von der Umsetzung des B-Planes ausgegangen seien. Dem sei die inzwischen öffentlich bekannte Korrespondenz zwischen der BG und dem alten und neuen Bürgermeister gefolgt.

„Inakzeptabel und an Dreistigkeit nicht zu überbieten“

Die Behauptung der Verantwortlichen, Delhey habe über drei Jahre geschwiegen und jetzt ein Fass aufgemacht, spreche für sich und zeuge „von einem hohen Maß an Arroganz und Überheblichkeit“. Dafür spreche auch das Verhalten, nachdem im Dezember 2018 ein Antrag zur 2. Änderung des B-Planes „Mittlauer Weg“ nach wiederholter Intervention der BG zurückgezogen worden sei. Bürgermeister Glöckner habe damals versprochen, die Sache bis Mitte/Ende Januar zu klären. Die Klärung sei am 16. Januar 2019 in Form eines offiziellen Schreibens erfolgt, vom Rathauschef persönlich unterzeichnet. Darin formuliere Glöckner sinngemäß, der Magistrat habe mit seinem Beschluss von Anfang 2016 eigentlich im Vorgriff das umgesetzt, was die BG im Februar 2017 doch beantragt hätten: den Verkauf von unrentablen Grünflächen, um den Betriebshof zu entlasten, und das zu einem niedrigen Preis für die Bürger. Dieser Antrag habe sich jedoch auf schwer und aufwendig zu pflegende Parzellen bezogen und habe mit dem Sachverhalt „Mittlauer Weg“ rein gar nichts zu tun. „Diese Reaktion war inakzeptabel und an Dreistigkeit nicht zu überbieten“, ärgert sich Delhey.

Auf erneutes Drängen um Aufklärung der BG sei am 13. Februar 2019 ein Treffen im Rathaus zwischen Bürgermeister Glöckner, Bauamtsleiter Peter Oberst, Bodo Delhey und Jochen Zahn erfolgt. Glöckner habe diverse Unterlagen vorgelegt, die die Legitimität der Vorgänge dokumentieren sollten. Als er darum gebeten worden sei, die Unterlagen auszuhändigen beziehungsweise diverse Fotokopien anzufertigen, habe er erklärt, er werde einen Ordner zusammenstellen lassen. Spätestens Ende der Woche stünde dieser zur Verfügung. „Die Akten sind bis heute noch nicht eingetroffen“, berichtet der BG-Fraktionsvorsitzende. In der Folge habe er Glöckner mehrfach schriftlich aufgefordert, doch seinem Versprechen nachzukommen und die Papiere zu übersenden. Das habe in der Mitteilung gegipfelt, dies sei doch schon längst geschehen. Zur Rede gestellt, habe der Rathaus-chef sehr verwundert getan und tatsächlich wieder auf sein Schreiben vom 16. Januar verwiesen, worin doch alles bereits erklärt sei. Mehr habe er nie versprochen.

Akteneinsicht aus Datenschutzgründen abgelehnt

Am 20. März habe es auf Einladung des Bauamtes ein weiteres Treffen gegeben, an dem Glöckner, Oberst und Günther Kauder als Vertreter der SEG teilnahmen. Kauder habe dabei kundgetan, er verstehe die Aufregung nicht. Das ganze Vorgehen sei transparent und es gebe nichts zu verbergen. Er habe kein Problem damit, Delhey und Zahn Akteneinsicht zu gewähren. Vereinbart worden sei der 25. März. Bei diesem erneuten Treffen habe Kauder kundgetan, er habe ja gewollt, aber ein zwischenzeitlich zu Rate gezogener Datenschutzbeauftragter habe ihm klar gemacht, die Geschichte gehe die Vertreter der BG nichts an. Dieser Aussage müsse er sich leider anschließen. Es seien die gleichen Erklärungen wie bereits wenige Tage zuvor gefolgt, alles sei mit rechten Dingen zugegangen. „Bis zum heutigen Tag haben sich die Verantwortlichen geweigert, durch Vorlage entsprechender Dokumente Klarheit zu schaffen“, bilanziert Delhey. Dadurch bleiben aus seiner Sicht noch eine ganze Reihe von Fragen unbeantwortet.

Öffentliche Flächen müssten sich nicht zwingend auch in öffentlicher Hand befinden, wie von den Verantwortlichen angemerkt werde. „Aber wissen die Käufer des ursprünglich öffentlichen Grüns, dass diese Flächen einer Zweckbindung unterliegen, die die private Nutzung einschränkt beziehungsweise unmöglich macht? Ist ihnen klar, dass das Aufschütten von Mutterböden, das Anlegen von Zierrasen etc. nicht dem B-Plan entsprechen? Wurde ihnen gesagt, dass sie öffentliche Grünflächen gekauft haben, deren Merkmal es ist, dass sie für die Öffentlichkeit zugänglich sind und daher nicht eingezäunt werden dürfen?“ Weiterhin fragt sich die BG, von welchen Voraussetzungen die Käufer der „Mittelgrundstücke“ ausgegangen sind, als sie die Verträge unterzeichneten und das Geld überwiesen.

Zum Ausgleich für den begrenzten privaten Raum seien öffentliche Flächen für Freizeit und Erholung geschaffen worden, die es jetzt so nicht mehr gebe. Delhey: „Waren die Käufer über die Möglichkeit informiert, zu den ‚Außengrundstücken‘ günstige Flächen für die Eigennutzung zukaufen zu können und hätten sie diese Möglichkeit nicht auch nutzen wollen? Stehen hier Schadensersatzforderungen ins Haus? In welchem Zeitraum wurden die Grundstücke verkauft? Wann konnte wer von den entsprechenden Möglichkeiten erfahren?“

„Vorgehen hat mit Offenheit und Transparenz nichts zu tun“

Ein Einblick in die Verträge würde hier für Klarheit sorgen, betont die BG. Des Weiteren stelle sich die Frage, wann wer in der SEG beziehungsweise in der Verwaltung welche Entscheidungen und Beschlüsse angestoßen habe. Es mute seltsam an, wenn schon etwa eine Woche vor der Stadtverordnetenversammlung am 12. Dezember 2015 von der SEG eine Vorlage zu Verkauf und Verpachtung öffentlicher Flächen aufgesetzt werde, die von Vornherein den späteren Parlamentsbeschluss ignorieren sollte.

Darüber hinaus hat die BG einen Interessenskonflikt ausgemacht, der in der Personalunion von Bauamtsleiter und SEG-Geschäftsführer begründet sei: Der eine habe für die Einhaltung der Satzungen zu sorgen, der andere für das geschäftliche Wohlergehen seiner Gesellschaft.

Weitere offene Punkte seien die Kosten der Stadt für Ausgleichsmaßnahmen, die Höhe der Gewinne aus den Verkäufen und die Zuständigkeit des Magistrats, der laut Haushaltssatzung der Stadt nur zur Genehmigung von über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen bis zu 30 000 Euro ermächtigt sei, während von Einnahmen darin nicht die Rede sei. Außerdem habe der Magistrat über den Verkauf der gesamten Flächen entschieden, damit sei der Gesamtertrag von 30 000 Euro erheblich überschritten worden. „Das hier aufgezeigte Vorgehen der Verantwortlichen hat mit Offenheit und Transparenz nichts zu tun. Es demonstriert eine Ignoranz und Arroganz gegenüber dem Informationsbedürfnis von parlamentarischen Gremien und Bürgern, die nicht toleriert werden darf“, so Delheys Fazit.