Donnerstag, 29. September 2022 GNZ
Baubeginn wohl erst 2026
Gelnhausen-Hailer/Meerholz (mab). Die Errichtung der viel diskutierten Omegabrücke als Überführung der Kreisstraße 904 zwischen Hailer/Meerholz und Lieblos beginnt nach derzeitigen Schätzungen wohl erst im dritten Quartal 2026. Und auch diese Zahl ist mit Vorsicht zu genießen. Grund ist das erforderliche Genehmigungsverfahren mit ungewisser Dauer. In einer gemeinsamen Sitzung des Bauausschusses und der beiden betreffenden Ortsbeiräte hat Uwe Zimmer als verantwortlicher Planer von Hessen Mobil am Dienstag den aktuellen Stand des Großprojektes vorgestellt, das den schienengleichen Bahnübergang im Zuge des Ausbaus der Bahnstrecke Hanau-Gelnhausen ersetzen soll.
Mehrere Monate war die geplante Brücke von der politischen Bildfläche in Gelnhausen verwunden. Im Hintergrund seien die Vorbereitungen jedoch auf Hochtouren weitergegangen, wie Uwe Zimmer als Vertreter von Hessen Mobil in der Ausschusssitzung im Main-Kinzig-Forum berichtete. Wie sehr das Thema besonders den betreffenden Anwohnern in Hailer und Meerholz auf den Nägeln brennt, zeigte sich an der nicht unerheblichen Zahl an Besuchern, die die Ausführungen des Planers teils äußerst skeptisch verfolgten. Viele Anwohner hätten statt einer Brücke lieber eine Unterführung gesehen, auch, weil diese schneller realisiert werden könnte.
Brücke voraussichtlich erst 2029 fertig
Tatsächlich läuft den Planern die Zeit davon. Der Grund: Der bisherige Bahnübergang der K 904 wird voraussichtlich im Oktober 2023 geschlossen. Der Grund: Bei Fahrgeschwindigkeiten von mehr als 160 Kilometern pro Stunde sind schienengleiche Übergänge nicht mehr erlaubt. Auf der Ausbaustrecke sollen Züge mit 230 Stundenkilometern unterwegs sein. Die neue Brücke werde allerdings nach vorläufigem Stand erst ab dem dritten Quartal 2026 errichtet werden können, teilte der Planer von Hessen Mobil mit. In Betrieb genommen werden kann das Ersatzbauwerk nach derzeitigem Stand vermutlich erst im Jahr 2029. Bis dahin müssen Verkehrsteilnehmer also lange Umwege in Kauf nehmen.
Verantwortlich für die Errichtung der Brücke und den Ausbau der südlichen K 904 in Hailer und Meerholz ist der Main-Kinzig-Kreis. Grundlage ist ein Beschluss der Gelnhäuser Stadtverordneten von 2018, die Gleisstrecke mittels einer Überführung zu queren. Hessen Mobil hat die Planungen für den Kreis übernommen. Und dort habe man in den vergangenen Monaten deutliche Fortschritte gemacht, berichtete Uwe Zimmer. So bereite das Straßenverkehrsmanagement des Landes aktuell die Entwurfs- und die Genehmigungsplanung zeitgleich vor. Noch Ende 2022 soll der Antrag beim Regierungspräsidium Darmstadt eingereicht werden, das für das Anhörungsverfahren verantwortlich ist. Während die Planunterlagen öffentlich ausgelegt werden, haben betroffene Privatleute und Träger öffentlicher Belange dann die Möglichkeit, ihre Einwände gegen das Vorhaben geltend zu machen. Nach Beendigung des Anhörungsverfahrens muss das Verkehrsministerium den Ausbau der südlichen K 904 und die Errichtung der Brücke genehmigen. Wie lange das dauert, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. „Deshalb sind die Jahreszahlen für den Baubeginn und die Fertigstellung derzeit noch eine ziemliche Kaffeesatzleserei“, betonte Zimmer.
Ampel an Einmündung der Liebloser Straße geplant
Gleiches gelte auch für die finanziellen Dimensionen. „Die Kostenermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, wir gehen derzeit von einem zweistelligen Millionenbetrag aus.“ Den muss nicht der Kreis alleine zahlen, auch die Bahn, das Land und der Bund beteiligen sich an den Kosten, ebenso wie die Stadt Gelnhausen mit einem Betrag in Höhe von voraussichtlich 45 000 Euro für die Gehweggestaltung. Wie Zimmer berichtete, seien die Vorplanungen mittlerweile abgeschlossen. Diese sähen eine Verbreiterung der Einmündung von der Gelnhäuser Straße in die Liebloser Straße (K 904) vor, ebenso wie die Errichtung einer Ampelanlage an derselben Stelle. Von hier verläuft ein Geh- und Radweg bis zu den Bahngleisen und über die künftige Brücke, die dann wieder auf den alten Verlauf der K 904 durch die bestehende Allee mündet. Das Altenheim und die Feuerwache werden wieder an die Kreisstraße angeschlossen und sollen während des Ausbaus über eine Baustraße erreichbar bleiben.
Prognose: Verkehr auf der Straße verdoppelt sich bis 2030
Ein wesentlicher Bestandteil der Vorplanungen war das mittlerweile abgeschlossene Lärmschutzgutachten. „Dafür wurde jedes Gebäude im betreffenden Bereich einzeln betrachtet.“ Ein sensibles Thema. Laut einer aktuellen Prognose erhöht sich das Verkehrsaufkommen der Kreisstraße von derzeit 2 700 Fahrzeugen pro Tag bis zum Jahr 2030 auf rund 5 300. Die Untersuchung habe ergeben, dass eine Lärmvorsorge gemäß Immissionsschutzgesetz erforderlich sei. Wie der Planer informierte, komme auf der gesamten Ausbaustrecke eine lärmmindernde Asphaltbefestigung zum Einsatz. Lärmschutzwände entlang der Liebloser Straße, die immerhin sieben Meter hoch sein müssten, sind laut Zimmer nicht vorgesehen. Grund seien hohe Kosten und die Auswirkungen auf die angrenzenden Gärten. Aus diesem Grund setze Hessen Mobil auf den sogenannten passiven Lärmschutz, also den Einbau dämmender Fenster in den betroffenen Gebäuden auf Kosten des Bauträgers. Wie Zimmer informierte, seien insgesamt elf Gärten und 18 einzelne Gebäude, darunter das Pflegeheim, vom erhöhten Straßenlärm betroffen.
BI will Unterlagen juristisch prüfen lassen
Bereits Anfang 2021 hatte der Main-Kinzig-Kreis ein Video zur Visualisierung der ausgebauten Kreisstraße und der Omegabrücke im Internet veröffentlicht. Eine aktuelle Version des Films wurde bei der Ausschusssitzung am Dienstag präsentiert. Und der kam nicht bei allen Teilnehmern gut an. Reinhard Simon, der die Sitzung zugleich als Vertreter der Bürger für Gelnhausen und der Bürgerinitiative zum Erhalt der K 904 und Kinzigaue (BI) verfolgte, nannte den Film eine „Propagandashow“, der die wirkliche Größe der Brücke nicht verdeutliche. „Die Brücke am Niedermittlauer Bahnhof gibt da einen realistischeren Einblick“ meinte der BI-Vertreter. Diese habe immerhin den Vorteil, dass sie den Verkehr um die Wohnbebauung herumführe. Im Falle der K 904 würden Fahrzeuge direkt nach Hailer und Meerholz hineingeführt. Der damit verbundene Lärm stelle eine „unzumutbare Belastung“ für die Anwohner und die Bewohner des Seniorenheims dar. Dies wäre laut Simon im Falle einer Unterführung nicht gegeben, die noch dazu den Vorteil besessen hätte, dass sie rechtzeitig bis zur Schließung des Bahnübergangs hätte fertiggestellt werden können. „Jetzt müssen Verkehrsteilnehmer jahrelang Umwege fahren.“ Uwe Zimmer entgegnete, dass die Planer gründlich vorgegangen seien. „Wir müssen einen genehmigungsfähigen Entwurf vorlegen, deshalb wird das Projekt qua Gesetz keine unzumutbaren Belastungen für Bürger enthalten.“ Dabei verwies er darauf, dass es sich bei der K 904 um eine Verbindungsstraße zwischen zwei Kommunen und nicht um ein Wohngebiet handele. „Einen möglichen Ausbau der Strecke hätten die Grundstückseigentümer in Erwägung ziehen müssen.“ Während der Vorplanungen seien alle möglichen Varianten gründlich geprüft worden, auch eine Unterführung. Neben dem Lärmaufkommen seien dabei allerdings viele weitere Kriterien zu berücksichtigen gewesen, unter anderem Baukosten, technische Belange und Landschaftsschutz. All dies habe klar für die sogenannte Omegabrücke gesprochen.
Simon kündigte hingegen an, dass sich die BI die Planunterlagen im Anhörungsverfahren gründlich und zudem mit juristischem Beistand ansehen werde. Kreisverkehrsdezernent Winfried Ottmann verwies darauf, dass ohne die Brücke erhebliche Verkehrsprobleme an der Westspange und in Richtung Niedermittlau entstehen würden. Im Falle alternativer Straßenausbauten würden die Eingriffe in die Auen zudem wesentlich größer ausfallen. Möglichen Klagen gegen das Vorhaben sehe er gelassen entgegen. „Wir dürfen uns jetzt nicht zerstreiten, wenn wir wollen, dass die Brücke 2029 freigegeben werden kann“, sagte Ottmann. Dabei signalisierte er in Detailfragen wie dem aktiven oder passiven Lärmschutz Gesprächsbereitschaft.
Kreis: Nördlicher Abschnitt wird nicht ausgebaut
Zudem bekräftigte er die Absicht des Kreises, den nördlichen Teil der K 904 in Richtung Lieblos nicht auszubauen. Die BI befürchtet, dass genau dies nach dem Bau der Brücke passieren wird. Die bestehende Allee ist nicht nur kurvenreich, sondern befindet sich zudem im Überschwemmungsgebiet. Der Kreis will jedoch auf den Ausbau verzichten, um das Verkehrsaufkommen nicht zusätzlich zu erhöhen. Das bedeutet aber, dass die Strecke während der Hochwasser im Frühjahr und im Herbst auch künftig gesperrt werden muss. Ein Problem, das die Planer in Kauf nehmen. „Zwischen der Ausbaustrecke und der alten Allee besteht durchaus eine Diskrepanz“, räumte Planer Uwe Zimmer ein. „Doch damit werden wir leben müssen.“