Keine Kompromisse seitens der Mobilfunkindustrie

BG: Mit unabhängigen Beratern beizeiten auf Standortsuche gehen

Wie im Umweltausschuss beschlossen, wurde Ende Mai ein runder Tisch einberufen mit den vier Vertretern der Mobilfunkindustrie, dem Bauamtsleiter und Bürgermeister der Stadt und der Vorsitzenden des Umweltausschusses Renate Baumann. Der Planer des EMF-Instituts, Herr Dr. Niessen, der für die Stadt eine Bestandsanalyse der Ist-Situation vorgenommen hat, war leider nicht anwesend, das haben die Vertreter von E-Plus/Alcatel-Lucent, 02, Vordafone und t-mobile abgelehnt. Dies war besonders bedauerlich, sollte doch über eine Optimierung von problematischen Standorten hinsichtlich einer Immissionsminimierung oder etwaigen Verlegung einzelner Standorte gesprochen werden.

Kleine Eingriffe in die Ausrichtung der Antennen hätten u. U. zu besseren Immissionswerten führen können. Hier sahen die vier Vertreter der Branche keine Notwendigkeit. Auch für eine konkrete Überprüfung von vorgesehenen Erweiterungen an Bestandsstandorten hätte das EMF-Institut technische Daten von E-Plus benötigt, die dem Institut allerdings verwehrt wurden.

Anders sieht es in der Schweiz aus: Hier verpflichten Gerichte und Ministerien die Mobilfunkbetreiber zu einer Qualitätssicherungsdatenbank. Diese enthält präzise Standortangaben, enthält vollständige Informationen zu allen immissionsrelevanten technischen Daten der Basisstationen, ist für alle Überwachungsbehörden (auch Kommunen) einsehbar und muss von den Netzbetreibern tagesaktuell gepflegt werden. Das ist in Deutschland leider nicht die Regel. In der Theorie wird von offizieller Seite zwar ein Vorsorgeprinzip empfohlen, im praktischen Handeln der Behörden gibt es keine gesetzliche Unterstützung von Vorsorgemaßnahmen. 

Seit 1992 wird das Mobilfunknetz kontinuierlich ausgebaut. Seitdem hat die Funkbelastung durch Handynetze, schnurlose Haustelefone, kabellosen Internetzugang und vieles mehr, rasant zugenommen. Gleichzeitig berichten immer mehr Menschen über schwerwiegende gesundheitliche Störungen. Ernstzunehmende wissenschaftliche Studien geben Hinweise auf biologische Effekte.

Die Auswirkungen der Mobilfunktechnik sind nicht absehbar. Die Versicherungsbranche hat das bereits erkannt und lehnt es ab, für Folgeschäden durch Mobilfunk zu haften. Haften muss allerdings der Vermieter für die Antennenanlagen, außer für Gesundheitsschäden auch für Wertverluste von Immobilien. Die Grenzwerte in Deutschland schützen nur vor thermischen Wirkungen. Der wissenschaftliche Kenntnisstand für nicht-thermische 

Wirkungen ist nach offizieller Einschätzung unzureichend, aber in vielen Studien wurden athermische Wirkungen nachgewiesen. Der Vorsorgegedanke ist in Deutschland nicht gesetzlich verankert, wird aber z. B. durch 
das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) empfohlen. Viele Unwägbarkeiten, die der Verbraucher nicht überblicken kann. 

Der Mobilfunkausbau wird zum großen Teil durch Nachfrage bestimmt. Der Markt für Sprachverbindung ist gesättigt. Ein Problem hierbei liegt in der Verdrängung des Festnetzes. Dabei liegt es auf der Hand, dass man beim Telefonieren mit einem schnurgebundenen oder einem schnurlosen Telefon, das im „standby“-Betrieb keine Strahlung erzeugt, immer auf der sicheren Seite ist (www.umweltinstitut.org/dect). 

Die derzeitige massive Bewerbung für schnelle mobile Datenverbindungen und Smartphones, iPhones, iPads usw. werden die Funkbelastung erhöhen. Die Verbraucher/Innen stimmen mit dem Kauf solcher Geräte auch über den Netzausbau ab. 
Um so wichtiger ist es für die Zukunft, dass Kommunen/Städte sich nicht auf die Aussagen der Mobilfunkindustrie verlassen, sondern mit unabhängigen Beratern beizeiten auf Standortsuche gehen. Die 2001 geschlossene freiwillige „Vereinbarung über den Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Mobilfunknetze“ sieht vor, dass den Kommunen ein Mitsprachrecht bei der Auswahl von Mobilfunkstandorten eingeräumt wird. Da das Beteiligungsverfahren innerhalb von 8 Wochen abgeschossen sein soll, ist es erforderlich, dass die Kommunen mit externen Beratern vorab Standorte auswählen.

Dieser Abschnitt ist bei dem von der Stadt in Auftrag gegebenen Mobilfunkkonzept noch nicht umgesetzt worden und sollte schnellstmöglich umgesetzt werden. Renate Baumann: Eine Mobilfunkplanung sollte im Sinne der Bevölkerung einen hohen Stellenwert einnehmen. Wer der Meinung ist, diese unabhängige Planung sei überflüssig, zeigt wenig Fürsorge so-wohl in gesundheitlicher als auch rechtlicher Hinsicht für seine Mitmenschen. 

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