Glöckner bleibt Versprechen auch nach über 14 Wochen schuldig

„Mittlauer Weg“: Anwohner warten weiter auf Antworten des Bürgermeisters

GNZ 08.11.2019 von Matthias Boll

Gelnhausen-Meerholz (mb). „Ich verspreche Ihnen, die Antworten zu geben.“ Dieses Versprechen machte Bürgermeister Daniel Glöckner (FDP) den Anwohnern des „Mittlauer Wegs“ am Ende eines Ortstermins im Meerholzer Neubaugebiet am 31. Juli.

Heute, mehr als 14 Wochen später, warten die Anwohner noch immer. Und das, obwohl Glöckner am 8. Oktober vollmundig angekündigt hatte, die Antworten spätestens bis zum 20. Oktober „persönlich in die Haushalte des Neubaugebiets vorbeizubringen“.

Die Gretchenfrage im „Mittlauer Weg“ lautet nach wie vor: War der Magistrat überhaupt dazu befugt, über die Vergabe von knapp der Hälfte der öffentlichen Grünflächen an Privatbesitzer zu entscheiden? Oder hätte nicht vielmehr die Stadtverordnetenversammlung als oberstes Organ angehört und der Bebauungsplan vor dieser Entscheidung entsprechend geändert werden müssen? Bürgermeister Glöckner hatte beim Ortstermin am 31. Juli versprochen, diese Frage juristisch prüfen zu lassen. Zu welchem Ergebnis diese Prüfung geführt hat, das haben die Anwohner bislang nicht erfahren. Ebenso wenig haben sie erfahren, ob eventuell eine Möglichkeit der finanziellen Entschädigung der benachteiligten Bewohner in Betracht kommt oder wie eine andere Kompromisslösung aussehen könnte.

Sieben Wochen nach diesem Ortstermin im „Mittlauer Weg“ hatte die GNZ bei den Anwohnern nachgefragt, ob sie denn inzwischen die vom Rathauschef versprochenen Antworten erhalten hätten – und war auf eine Mischung aus Ohnmacht, Wut und Frustration der Betroffenen gestoßen. „Entgegen der Ankündigung des Bürgermeisters haben wir nach diesem Ortstermin überhaupt keine Rückmeldung bekommen“, bedauerte eine Anwohnerin damals im Gespräch mit der GNZ. „Da kommt man sich schon verschaukelt und nicht ernstgenommen vor.“ Es sei schon dreist gewesen, sich beim Ortstermin so hinzustellen, als ob die offenen Fragen nicht schon seit Wochen im Raum stünden, hatte eine zweite Anwohnerin ergänzt. „Ich kann ja verstehen, dass der Bürgermeister nicht die schmutzige Wäsche seines Vorgängers waschen will, aber gefühlt blockiert er eher, als dass er zur Aufklärung beiträgt.“ Ein weiterer Anwohner hatte sich in Sarkasmus geflüchtet: „Ich bin nicht verwundert, dass das Rathaus nicht reagiert.“ Ob das Taktik sei, wisse er nicht. „Ich finde es jedenfalls sehr befremdlich, wie hier mit den Leuten umgegangen wird.“ Alle drei Anwohner, mit denen die GNZ gesprochen hatte, wollten ihren Namen damals lieber nicht in der Zeitung lesen. Denn der Konflikt zwischen rund 50 Familien einer Anwohnergemeinschaft auf der einen Seite und der Stadt beziehungsweise der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) auf der anderen Seite ist auch am „Mittlauer Weg“ selbst nicht spurlos vorübergegangen und hat tiefe Gräben im Neubaugebiet aufgeworfen.

„Transparente Vorgehensweise“

Die ohnmächtige Wut der Anwohner war nachzulesen in der GNZ am 18. September. An jenem Tag tagte auch der Akteneinsichtsausschuss „Mittlauer Weg“ öffentlich und steckte den Rahmen für seine Arbeit ab. Bürgermeister Glöckner, selbst nicht Mitglied des Ausschusses, plädierte dabei für eine „transparente Vorgehensweise“. Bei den diskutablen Punkten seien auch die betroffenen Anwohner einzubeziehen. „Sie müssen künftig dort auch in Frieden leben und sich alle in die Augen schauen können“, forderte Glöckner damals. Er regte deshalb im Anschluss an den Bericht des Akteneinsichtsausschusses eine neutrale Mediation zwischen der Verwaltung und den Betroffenen an. Außerdem erklärte er im Ausschuss, warum er die versprochenen Antworten noch nicht geliefert habe, ohne dabei auf die zum Teil heftige Kritik der Anwohner einzugehen. Demnach seien die Anfragen sukzessive eingegangen, erklärte Glöckner. Einige Aspekte würden noch juristisch überprüft, Ergebnisse stünden noch aus. Wenn alle Antworten vorlägen, werde er diese gebündelt weitergeben.

Knapp drei Wochen nach der Sitzung des Akteneinsichtsausschusses hakte eine Anwohnerin beim Bürgermeister nach. Es war der 8. Oktober, ein Tag nach der Sitzung des Bauausschusses, in dem die Gestaltungspläne für die öffentlichen Grünflächen im Neubaugebiet Mittlauer Weg vorgestellt worden waren. In ihrem Schreiben drückte sie ihre Verwunderung darüber aus, dass nur der mittlere Grünstreifen teilweise und nicht wie dem aktuell gültigen Bebauungsplan entsprechend alle öffentlichen Grünflächen beplant worden seien. Ebenso verwundert nahm sie zur Kenntnis, dass der Magistrat trotz eines schwebenden Akteneinsichtsausschussverfahrens und des immer noch rechtsgültigen Bebauungsplans von 2015 bereits entsprechende Aufträge zur Umsetzung ausgeschrieben habe. „Es wäre sicherlich im Sinne der Transparenz hilfreich gewesen, den versprochenen Newsletter mit den Gestaltungsideen den Bewohnern des Neubaugebietes, wie im August versprochen, vorab zukommen zu lassen“, so die Anwohnerin.

Diese Kritik muss Glöckner missverstanden haben. Denn eigentlich ging es der Anwohnerin im konkreten Fall gar nicht um die noch ausstehenden Antworten, sondern um die Gestaltungsideen für die Grünflächen. Umso erstaunter war sie über die Antwort des Bürgermeisters noch am selben Tag: „Hinsichtlich des Newsletters weise ich darauf hin, dass ich im Vor-Ort-Termin in aller Öffentlichkeit mitgeteilt habe, dass ich nach Erhalt aller Fragen seitens der Anwohner allen die Antworten zu Verfügung stellen werde. Ich gehe davon aus, dass spätestens nächste Woche ich diese Antworten in die Haushalte des Neubaugebiets Mittlauer Weg persönlich vorbei bringen werde.“ Ein Lichtstreif am Horizont? Mitnichten.

Glöckner: „Die Antworten werden die Anwohner noch von mir erhalten.“

„Spätestens nächste Woche“ war, den Sonntag als letzten Tag der Woche mal eingerechnet, der 20. Oktober. Ein Bürgermeister wurde in dieser Zeit im Neubaugebiet nicht gesichtet. Und auch auf anderen Wegen erreichte die Anwohner bislang keine Antwort. Also schrieb die Anwohnerin dem Rathauschef am vergangenen Dienstag noch einmal: „Inzwischen sind weitere vier Wochen vergangen. Aus Ihrem ‚persönlichen Antworten überbringen‘ ist leider ebenso wenig etwas geworden wie aus dem von der SEG versprochenen Newsletter. Und so sehr ich verstehen kann, dass Sie mit der Stadthalle und dem teuren Cole- manpark-Nachspiel zu tun haben, bitte ich darum, auch die wahrscheinlich widerrechtlichen Vorgänge beim Verkauf der öffentlichen Grünflächen im Neubaugebiet Mittlauer Weg nicht mit Aufmerksamkeit zu vernachlässigen. Der Akteneinsichtsausschuss arbeitet zwar weiterhin, aber im Sinne Ihrer versprochenen Transparenz wäre es hilfreich, wenn Sie sich als Bürgermeister nicht erst 2020 wieder zum Thema Mittlauer Weg äußern. Langsam müsste sich ja auch im Rathaus ein klares Bild zeigen, was in der Amtszeit Ihres Vorgängers passiert ist.“

Daraufhin hakte die GNZ gestern noch einmal im Rathaus nach, warum Glöckner trotz seines Versprechens noch immer keine Antworten geliefert und warum er nicht zumindest einen Teil der Fragen beantwortet habe. Zudem wollte die GNZ wissen, was die juristische Prüfung in Bezug auf die Frage der Zuständigkeit des Magistrats ergeben habe und wie es zusammenpasse, dass sich derzeit ein Akteneinsichtsausschuss mit dem „Mittlauer Weg“ befasst, während die Stadt bereits Aufträge zur Gestaltung der Grünflächen ausgeschrieben habe.

Auf diese Anfrage hin teilte Glöckner gestern Nachmittag lapidar in zwei Sätzen mit: „Die Antworten werden die Anwohner im Neubaugebiet noch von mir erhalten. Hinsichtlich der Beantwortung Ihrer Fragen bitte ich entsprechend um Geduld.“