Statt der erhofften Antworten bekamen die Anwohner häufig von Bürgermeister Glöckner folgenden Satz zu hören: „Ich habe die Frage aufgenommen.“ Foto: Boll
„Mittlauer Weg“: Treffen der Anwohner mit Glöckner und Kauder lässt einige Fragen offen
Gelnhausen-Meerholz (mb). Wegen der Vorgänge rund um die Vergabe öffentlicher Grünflächen an Privatbesitzer ist ein Großteil der Anwohner des Neubaugebiets „Mittlauer Weg“ in Meerholz derzeit alles andere als gut auf die Stadt und die Stadtentwicklungsgesellschaft zu sprechen. Daran dürfte sich, so viel sei vorweggenommen, auch nach dem Ortstermin am Mittwochabend mit Bürgermeister Daniel Glöckner und SEG-Geschäftsführer Günther Kauder nicht viel geändert haben. Die Essenz dieses Treffens könnte man in zwei Worten zusammenfassen: ergebnislos und ernüchternd.
Jana Fuchs, eine der Initiatorinnen der Anwohnergemeinschaft, verwies in ihren einleitenden Worten auf den aktuellen Stand. Der Bebauungsplan von 2015 habe nach wie vor seine Gültigkeit, folglich müssten die öffentlichen Grünflächen, die ein Teil der Bewohnerschaft von der SEG gekauft beziehungsweise gepachtet hat, auch öffentlich zugänglich bleiben. Diese Aussage stieß auf den Widerspruch eines Anwohners, der offenbar zu den Profiteuren der Grünflächen-Vergabe zählt. „Das wollen wir ja mal sehen.“ Dieser Zwischenruf zu Beginn des Treffens sollte nicht der einzige bleiben. Immer wieder mal kam es zu solchen oder ähnlichen Bemerkungen, die am Ende des Ortstermins in gegenseitige Anfeindungen der beiden Lager gipfelten. Daran wurde auch deutlich, dass im Konflikt um die Vergabe öffentlicher Grünflächen an Privatbesitzer nicht nur die Fronten zwischen der Anwohnergemeinschaft, die mittlerweile auf knapp ein Drittel der insgesamt 160 Parteien im Neubaugebiet angewachsen ist, auf der einen und Stadt und SEG auf der anderen Seite verhärtet sind, sondern auch in der Bewohnerschaft selbst.
Bürgermeister Daniel Glöckner begrüßte die rund 80 Anwohner mit der Ankündigung, dass er ihre Fragen aufnehmen und schriftlich über den Newsletter der SEG für das Neubaugebiet beantworten werde. Dann gab er das Wort weiter an eine Landschaftsgartenplanerin, die den Bewohnern ihre Pläne für die öffentliche Grünfläche im Zentrum des „Mittlauer Wegs“ vorstellen sollte. Allerdings kam sie damit nicht weit. Die verpachteten und verkauften Grünflächen seien aus diesem Entwurf herausgenommen worden, erklärte sie auf Nachfrage. Statt der ursprünglichen 30 Meter betrage die Breite noch mindestens 20 Meter. Dann wandte ein Anwohner ein, dass das ja alles schön und gut sei. „Aber dieser Plan ist nicht das, weswegen wir heute hierher gekommen sind“, stellte er unter großem Beifall der Versammlung fest.
Also war wieder Glöckner gefragt. Der Rathauschef verwies darauf, dass alle Verkäufe und Verpachtungen auf Basis eines Beschlusses des Magistrats erfolgt seien. Ob dieser zu einer solchen Entscheidung überhaupt befugt gewesen sei, ohne eine entsprechende Änderung des B-Plans, wollte Jana Fuchs wissen. Ja, das sei er als Stadtregierung, antwortete Glöckner entschieden. Nach weiteren Zweifeln der Anwohner bröckelte seine Überzeugung offenbar, und er kündigte an, die Frage aufzunehmen und juristisch prüfen zu lassen.
Glöckner bestätigt Verstöße
Dass es sich bei den eingezäunten Grünflächen eigentlich noch um öffentliche Flächen handelt, bestätigte er zunächst indirekt. Glöckner: „Deshalb ist die 2. Änderung angestrebt.“ Später sollte er noch aus einem Schreiben der Unteren Naturschutzbehörde zitieren, aus der die Verstöße gegen den B-Plan hervorgehen: Durch Zäune seien die für Freizeit und Erholung vorgesehenen Grünflächen nicht mehr öffentlich zugänglich, so die Behörde. Es seien Fakten geschaffen worden, die eine Änderung der Planung nach sich ziehen.
SEG-Geschäftsführer Günther Kauder erklärte hingegen, dass die Veränderung von Grünflächen keine grundlegende Änderung sei, die sich zwangsweise im B-Plan widerspiegeln müsse. Normalerweise reiche sogar die Befreiung von entsprechenden Festsetzungen durch den Magistrat aus. Alle übergeordneten Behörden hätten indes empfohlen, den B-Plan zu ändern. Dabei könnten sich auch die Anwohner beteiligen. Solche Änderungen würden in der Regel im Nachhinein erfolgen.
Die Idee, fünf Meter breite Streifen der zentralen Grünfläche zu veräußern, sei in den Verkaufsgesprächen geboren worden, berichtete Kauder. Und in Zeiten des Schutzschirms sei die SEG angehalten gewesen, solche Flächen zu veredeln. „Mir haben Sie damals nichts von der Möglichkeit erzählt, Grünfläche hinzuzukaufen“, beschwerte sich ein Anwohner. „Mir haben Sie damals gesagt: Dann kaufen Sie halt zwei Grundstücke, wenn Ihnen ein Grundstück zu klein ist.“ Zu diesem Zeitpunkt habe man noch nicht gewusst, ob das machbar sei, verteidigte sich Kauder. Das sei eine Erklärung, an der Ungleichbehandlung ändere das aber nichts, entgegnete der Anwohner.
Eine weitere Stimme verwies darauf, dass das Konzept mit den großzügigen Grünflächen, die auch als Kompensation für die relativ kleinen Grundstücke dienen sollten, ein gewichtiges Argument für den Kauf gewesen sei. Der „Mittlauer Weg“ verfüge immer noch über einen zweieinhalbfach so hohen Anteil wie für ein solches Neubaugebiet empfohlen, entgegnete Kauder. Einen Kritikpunkt räumte er indes ein: Man hätte die Änderung des Plans früher auf den Weg bringen sollen.
Ein Anwohner brachte eine finanzielle Entschädigung für diejenigen ins Spiel, die nicht von den Zukäufen profitieren konnten. Auf einen Zwischenruf vom Sohn des SEG-Chefs sagte er in dessen Richtung: „Dass Sie mit Ihrem großen Grundstück daran kein Interesse haben, Herr Kauder, ist klar.“ Dann schaltete sich der Bürgermeister ein: „Ich habe die Frage aufgenommen.“ Vereinzeltes Gelächter. Auch für den humoristischen Höhepunkt des Abends sorgte Glöckner, der zur Sicherstellung des Datenschutzes anregte, den Akteneinsichtsausschuss mit einer Kamera zu überwachen. In das allgemeine Gelächter hinein erwies sich die CDU-Stadtverordnete Petra Schott-Pfeifer allerdings als Spielverderberin: „Damit bin ich nicht einverstanden.“ Insgesamt war den Anwohnern aber sicherlich nicht zum Lachen zumute. „Wir haben das Gefühl, hintergangen worden zu sein, und bekommen hier keine befriedigenden Antworten“, stellte ein Teilnehmer fest. So blieben Fragen wie „Warum ziehen Sie überhaupt den Unmut vieler auf sich, indem Sie wenigen etwas Gutes tun?“ oder „Wird nun einfach die Änderung des B-Plans erfolgen?“ letztlich unbeantwortet. Als schließlich Neid-Vorwürfe zu weiteren Anfeindungen führten, beendete Glöckner das Treffen. „Das eskaliert jetzt.“ „Weil wir keine vernünftigen Aussagen bekommen. Eine E-Mail hätten wir Ihnen die ganze Zeit schreiben können“, entgegnete ein Anwohner. Glöckner: „Ich verspreche Ihnen, die Antworten zu geben.“