Eine Grenze überschritten

Der geheime Informant der „Bürgerinitiative Mittlauer Weg“ KOMMENTAR von Matthias Boll GNZ

Das jetzt aufgetauchte Schreiben der „Bürgerinitiative Mittlauer Weg“ ist in doppelter Hinsicht brisant: Erstens beweist es die Verstrickungen und Verflechtungen der BI mit Vertretern der Stadtpolitik. Zweitens zeigt es die Skrupellosigkeit, mit der die Profiteure der Grünflächenverkäufe im Meerholzer Neubaugebiet bei der Durchsetzung ihrer Ziele vorgehen.

Dass eine Bürgerinitiative über einen geheimen Informanten an eigentlich vertrauliche Inhalte eines Gremiums gelangt, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagt, ist sicherlich kein alltäglicher Vorgang. An dieser Stelle drängt sich natürlich die Frage auf, wer der Spitzel der BI ist. Darüber lässt sich freilich nur spekulieren. Vor dem Hintergrund der Sachlage und großer Schnittmengen in den Interessen liegt jedoch die Vermutung nicht so fern, dass der geheime Informant möglicherweise aus den Reihen der SPD kommen könnte – zumal es auch eine gewisse (räumliche) Nähe zwischen führenden Vertretern der BI und einem Angehörigen eines damaligen Entscheidungsträgers mit SPD-Parteibuch gibt.

Die Existenz eines Spitzels ist indes nicht das einzige Brisante am Schreiben der BI. Darüber hinaus gibt es noch eine zweite bedenkliche Komponente, die zum wiederholten Male – vorsichtig formuliert – kein gutes Licht auf die Bürgerinitiative wirft. Hatte sie bereits in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie auf dem Weg zu ihrem Ziel wenig Rücksicht auf Verluste nimmt – unter anderem bei einer fragwürdigen Umfrage im Neubaugebiet – so hat die BI nun eine Grenze überschritten.

Vordergründig ist das aktuelle Schreiben als Information für die Mitstreiter über die Arbeit einer unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagenden Kommission gedacht. Dazu hätte es aber nicht der namentlichen Nennung von Parteimitgliedern beziehungsweise Wählergruppenmitgliedern in diesem Kontext bedurft – die Namen sind an dieser Stelle vollkommen überflüssig, weil sie nichts zur Klärung der Sachlage beitragen. Dennoch werden sie aber von der BI genannt – teils in einem despektierlichen und herabwürdigenden Ton: „Frau xxx (Anm. d. Red.: Wir verzichten an dieser Stelle zum Schutz der betroffenen Anwohner auf die namentliche Nennung) treibt dort ihr Unwesen.“ Also warum? Dafür kann es nur eine Erklärung geben: Die führenden Vertreter der BI wollen bei ihren Mitstreitern das Feindbild von gewissen Personen im Neubaugebiet schärfen, die sie als „Rädelsführer“ in den gegnerischen Reihen ausgemacht haben. Indirekt kann das als Aufruf in den eigenen Reihen verstanden werden, den Druck auf diese Anwohner zu erhöhen.

Von der vielfach beschworenen Kompromissbereitschaft, die die BI unter anderem bei einer Ortsbegehung vor einigen Monaten zur Schau gestellt hatte, ist jedenfalls in dem aktuellen Schreiben nicht viel übrig geblieben. Im Gegenteil: Vielmehr zeigt sich die „Bürgerinitiative Mittlauer Weg“ mehr denn je entschlossen, die eigenen Interessen durchzusetzen: Notfalls auch mit einer „Hetzjagd“ gegen „Sündenböcke“ in den Reihen des „Feindes“ – auch wenn es dann nicht mit dem Nachbarn klappen sollte.