Wer hat warum wie viel bekommen? Und wieso sind manche leer ausgegangen? Die Fragen sind naheliegend, aber das Gelnhäuser Rathaus schweigt beharrlich. von Matthias Boll GNZ Foto: Archiv
Nach welchen Kriterien hat die Stadt im vergangenen Jahr „Corona-Zuschüsse“ an die Gelnhäuser Vereine gezahlt? Die Frage sollte für einen Bürgermeister nicht schwer zu beantworten sein – Daniel Glöckner aber schweigt dazu.
Gelnhausen. Die Stadt Gelnhausen hat Vereine für das vergangene Jahr mit Zuschüssen unterstützt, um die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. Unklar ist jedoch, warum der eine offenbar eine Zuwendung erhalten hat, der andere aber nicht, und nach welchen Kriterien das Geld geflossen ist. Für Aufklärung könnte das Gelnhäuser Rathaus sorgen – aber Bürgermeister Daniel Glöckner (FDP) zieht es (wieder einmal) vor zu schweigen.
Klaus Volz, Vorsitzender des Angelsportvereins Meerholz, versucht nun schon seit rund neun Monaten, das Geheimnis um die Corona-Zuschüsse für Gelnhäuser Vereine zu lüften – bislang jedoch vergeblich. Erstmals wendet er sich am 18. Februar 2022 in dieser Angelegenheit an den Bürgermeister, nachdem ihm bekannt geworden war, dass Vereine im Zuge von Corona im Jahr 2021 finanzielle Zuwendungen von der Stadt Gelnhausen erhalten hatten. Volz will wissen, nach welchen Kriterien seitens der Stadt verfahren wurde und ob ein Antrag auf Beihilfe gestellt werden musste. „Wir als Angelsportverein hatten ebenfalls finanzielle Einbußen, indem uns vom Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises jegliche öffentlichen Veranstaltungen untersagt wurden“, schreibt der Vorsitzende an Glöckner.
Eine Reaktion aus dem Rathaus auf Volz‘ E-Mail bleibt aus. Also probiert er es nach zwei Wochen über den postalischen Weg. Und siehe da, diesmal bekommt er eine Antwort aus dem Büro des Bürgermeisters. Darin heißt es, der Angelsportverein Meerholz hätte am 21. Dezember 2021 einen Bewilligungsbescheid erhalten. „Dieser Bescheid ist bei uns aber nicht eingegangen“, betont Volz im Gespräch mit der GNZ. Nach einer erneuten Anfrage beim Bürgermeister kommt die Antwort, dass ein neuer Förderbescheid unterwegs sei. Und tatsächlich: Am 22. März trudelt ein Schreiben aus dem Rathaus mit einer Bewilligung von 500 Euro für den Angelsportverein Meerholz ein, das vom 21. Dezember 2021 datiert. Ende gut, alles gut?
Nicht für Klaus Volz. Er will es genauer wissen. Denn eine Antwort auf seine Fragen zu den Kriterien und einer möglichen Beantragung der Zuschüsse hat er noch immer nicht erhalten. Dafür hat er sich bei anderen Vereinen umgehört. Und so weiß Volz inzwischen, dass ein Verein aus dem Stadtteil Roth € 1 687,85 Euro und ein Verein aus Meerholz 1 215 Euro erhalten hat. „Beide Vereine mussten keinen Antrag stellen“, berichtet der Vorsitzende der Meerholzer Angler. Auch sei im Vorfeld seitens der Stadt weder die Höhe der Umsatzverluste noch die Mitgliederzahl abgefragt worden. Darüber hinaus tun sich noch weitere Fragen auf. Volz: „Der Angelsportverein Barbarossa Gelnhausen und der Höchster Angelsportverein haben bis heute weder eine Mitteilung noch einen Betrag erhalten.“
Ein Verdacht keimt auf
Den ganzen Sachverhalt und seine Vorgeschichte schildert er am 22. Mai 2022 in einem Schreiben an den Ersten Stadtrat Volker Rode (CDU), verbunden mit der Bitte, sich dieser Angelegenheit anzunehmen, nachdem er vom Bürgermeister keine Antworten bekommen hatte. Aber auch von dieser Stelle kommt keine Hilfe, noch nicht einmal eine Reaktion. Entsprechend deutlich fallen die Worte aus, die Volz in seinem Schreiben am 16. August an Rode wählt: „Mit einem Schreiben vom 22. Mai 2022 hatte ich Sie gebeten, sich dieser ungleichmäßigen Verteilung von Zuwendungen an Gelnhäuser Vereine wegen des Ausfalls von Einnahmen bei Veranstaltungen anzunehmen und mir umgehend eine Stellungnahme zukommen zu lassen. Bis heute habe ich von Ihnen weder schriftlich noch telefonisch eine Rückmeldung erhalten.“ Dieselben Fragen habe er dem Bürgermeister gestellt, aber ebenfalls keine Antwort erhalten. „Eine weitere Anfrage an ihn erspare ich mir“, so Volz weiter. „Durch diese mangelhafte Kooperation entsteht bei mir der Verdacht, dass hier nur bestimmte Vereine in den Genuss dieser Zuwendungen gekommen sind. Ich hoffe, doch noch von Ihnen eine Antwort auf meine Fragen zu bekommen.“ Doch auch diese Hoffnung erfüllt sich nicht.
Da Volz für die „Bürger für Gelnhausen“ im Ortsbeirat Meerholz sitzt, probiert er es mit seinen Kontakten in der Kommunalpolitik. Aber auch hier kann ihm keiner so wirklich weiterhelfen. Also bleibt als letzte Option der Weg an die Öffentlichkeit: Volz wendet sich an die GNZ, um möglicherweise auf diesem Umweg doch noch Aufklärung von offizieller Stelle zu erhalten. Aber auch diese Hoffnung erfüllt sich nicht. Auf eine entsprechende GNZ-Anfrage zu den Corona-Zuschüssen für Vereine reagiert Glöckner überhaupt nicht, auch eine erneute Nachfrage lässt ihn gänzlich unbeeindruckt.
Zentrale Fragen bleiben offen
Angesichts des beharrlichen Schweigens aus dem Gelnhäuser Rathaus hilft ein Blick in den Haushaltsplan 2021 zumindest ein bisschen weiter. Dem Zahlenwerk lässt sich immerhin entnehmen, welcher Betrag für Corona-Zuschüsse an die Gelnhäuser Vereine geplant war: Im Bereich Kultur sollten Gesang-, Musik-, Theater- und sonstige Kulturvereine mit 103 100 Euro unterstützt werden, die Zuwendungen an Sportvereine erhöhten sich im Ansatz für das Haushaltsjahr 2021 von 27 500 auf 95 000 Euro. Für das laufende Jahr sind im aktuellen Etat übrigens 35 400 Euro für Vereine im Ressort Kultur und 20 000 Euro Zuschüsse für Sportvereine (plus weitere Zuwendungen für Übungsleiter und die Jugendarbeit) vorgesehen.
Aber musste ein solcher Zuschuss von den Vereinen beantragt werden? Und nach welchen Kriterien sind die Zuwendungen geflossen? Auf die beiden zentralen Fragen von Klaus Volz weiß das Zahlenwerk freilich auch keine Antwort. Allerdings findet sich auf Seite 277 des mehr als 600 Seiten umfassenden Haushaltsplans zumindest ein allgemeiner Hinweis zur Vereinsförderung im Bereich Kultur: „Die Zuschüsse an Kulturvereine erfolgen nach einem Verteilungsschlüssel nach Vorschlag durch die AG Kultur.“ Letztgenannte ist indes noch niemals öffentlich in Erscheinung getreten, möglicherweise könnte damit aber auch der Kulturausschuss gemeint sein. Aber das ist ohnehin nur ein Randaspekt im nach wie vor ungelösten Geheimnis um die Corona-Zuschüsse für Vereine.