Wie ein Schleichweg in Meerholz zur tödlichen Tierfalle wird
Gelnhausen (mab). Auf Fotos sieht er malerisch aus, doch die Bilder täuschen. Wie ein Weg zwischen Meerholz und Rothenbergen zu einer tödlichen Falle für Tiere geworden ist.
Heinz-Peter Czaikowski geht nicht oft an die Öffentlichkeit. Doch jetzt sagt er: „So kann es hier nicht weitergehen.“ Mit „hier“ meint der Jagdpächter in Meerholz den Wirtschaftsweg vom Anglerheim in Richtung Rothenbergen. Der ist zu einer tödlichen Bedrohung für Tiere geworden. Konkret ist nicht der Weg das Problem, sondern Autofahrer, die ihn nutzen, obwohl sie es eigentlich gar nicht dürfen. Und dann auch noch deutlich zu schnell. „Der Schleichweg ist eine echte Raserstrecke“, sagt ein ansässiger Landwirt über ein Problem, das im Laufe der Zeit größer geworden ist. „Durch die angespannte Situation auf der Westspange fahren viele Menschen über Meerholz in Richtung Gründau. Und jetzt, wo die K 904 gesperrt ist, ist alles noch viel schlimmer geworden“, meint Friedhelm Wagner, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Meerholz. Denn seitdem ist der Schleichweg, der vor mehreren Jahren frisch geteert wurde, noch gefragter.
Seit Dezember schon drei Rehe totgefahren
Die Leidtragenden sind zumeist Hasen und Rehe. „Sie werden totgefahren und dann einfach liegen gelassen. Denn da es verboten ist, den Weg zu benutzen, meldet sich niemand bei den Jägern, damit wir die verletzten Tiere erlösen“, sagt Heinz-Peter Czaikowski. Seit Dezember hätten sich die Vorfälle eklatant vermehrt, berichtet er. „Ich habe etliche tote Hasen und drei tote Rehe am Weg entdeckt.“ Die sind qualvoll verendet. „Bis ein Reh an seinen inneren Blutungen stirbt, können zwei bis sechs Stunden vergehen.“ Über die verletzten Hasen machen sich Raben und Füchse her. Und wie reagieren die Autofahrer, wenn er sie beim Benutzen des Schleichweges erwischt? „Sie zeigen sich uneinsichtig und werden aggressiv“, sagt Czaikowski. Mehrfach ist der Jagdpächter von den Fahrsündern bereits bedroht worden, einmal sogar mit einem Messer.
Doch die Autofahrer sind nicht die einzige Gefahr für die Wildtiere in seinem Bezirk. Eine weitere: Hunde. „Die Tiere schrecken die Hasen und die jungen Rehe auf. Berührt ein Hund ein Kitz, kann es passieren, dass dessen Mutter es nicht mehr annimmt“, sagt der Pächter. Und es bleibt nicht bei solchen Kontaktaufnahmen. „2024 sind hier vier Rehe durch Hunde getötet worden. Darunter eine trächtige Mutter. Ich würde gerne mal einen der Hundehalter mitnehmen, wenn ich die Tiere erlösen muss.“ Bittet er die Besitzer darum, ihre Vierbeiner an die Leine zu nehmen, kriegt er immer wieder zu hören: „Mein Hund macht so etwas nicht.“ Und auch sonst sorgen die Hundehalter für Ärger. „Sie fahren mit ihren Autos über unsere Wiesen“, berichtet eine Landwirtin. „Wenn ich ihnen sage, dass wir hier Futter anbauen, sagen sie: ‚Dann bau doch einen Zaun.‘ Die Begegnungen sind ziemlich unerfreulich.“ Nicht nur die Fahrzeugspuren stellen sie vor Probleme. „Es geht auch um den Hundekot, der das Futter verunreinigt“, sagt sie. Klar ist: In Meerholz ist ziemlich viel Druck im Kessel. Jäger und Landwirte fühlen sich allein gelassen. Doch wie lässt sich das Problem lösen? „Wenn das Ordnungsamt den Verkehr auf dem Schleichweg morgens oder nach Feierabend kontrollieren würde, hätte das schon einen Abschreckungseffekt“, sagt Friedhelm Wagner. „Es würde ja schon reichen, einfach die Kennzeichen aufzuschreiben.“ Und ein betroffener Landwirt ergänzt: „Ab 16 Uhr ist die Stadtpolizei nicht mehr im Einsatz, dann wird auf dem Weg gerast, weil keiner Angst hat, erwischt zu werden. Würde das Ordnungsamt hier mal ein paar Stunden stehen, hätte sich der Einsatz bezahlt gemacht.“
Betroffene fordern mehr Kontrollen oder Schranke
Ein Punkt, an dem er die Zustimmung von Jochen Zahn erhält. „Noch unter dem alten Bürgermeister haben die Stadtverordneten auf Initiative der Bürger für Gelnhausen eine personelle Aufstockung der Stadtpolizei von vier auf acht Stellen beschlossen. Verbunden damit war aber auch die Forderung, ein Konzept zu erstellen, das auf mehr Einnahmen durch Falschparker oder Raser setzt. Denn ich bin davon überzeugt, dass mehr Stellen bei der Ordnungspolizei für die Stadt nicht zwingend mit höheren Kosten verbunden sein müssen“, betont der Meerholzer Ortsvorsteher. „Die Stellen wurden zwar aufgestockt, das Konzept liegt aber bis heute nicht vor.“ Ein Ziel, das sich Zahn davon erhofft, ist, die Polizisten auch außerhalb der bisherigen Dienstzeiten einsetzen zu können. „Eben genau dann, wenn es auf dem Schleichweg in Meerholz nötig wäre.“ Auch eine stärkere Kontrolle der Hundehalter wünschen sich die Jäger und Landwirte vor Ort.
Zentraler Punkt ist unter anderem die Einfahrt in einen Wirtschaftsweg, die genutzt wird, um Autos dort abzustellen und mit Hunden spazieren zu gehen. Oft werden dabei auch die angrenzenden Felder in Mitleidenschaft gezogen.
Hier gibt es einen weiteren Vorschlag, um die Einfahrt in die Felder vom Schleichweg aus zu unterbinden. „Wir haben schon vor Jahren gefordert, eine Schranke am Beginn des Wirtschaftsweges nach Rothenbergen unweit des Anglerheims aufzustellen“, sagt Wagner. „Die Schlüssel sollten nur die Landwirte und die Jäger erhalten.“ Welchen Weg die Stadt auch geht, dass es nicht bleiben kann, wie es ist, steht für die Betroffenen fest. Ortsvorsteher Zahn macht Hoffnung: „Ich habe mit Bürgermeister Christian Litzinger unmittelbar nach deren Bekanntwerden über die Probleme gesprochen. Er war sich der Problematik sofort bewusst. Schon kommende Woche setzen wir uns gemeinsam mit den Betroffenen an einen Tisch, um die Lage zu erörtern. Gemeinsam mit dem Ordnungsamt wollen wir so schnell wie möglich eine Lösung finden“, kündigt der Ortsvorsteher im Gespräch mit der GNZ an.