Wie Eltern und Ortsbeiräte für Sicherheit im Gelnhäuser Schulverkehr kämpfen
Gelnhausen (mab). „Es wäre fahrlässig, an dieser Situation nichts zu verändern“, ist sich Jochen Zahn mit der Initiative Sicherer Schulweg Gelnhausen (ISS) einig. Bei einem Treffen mit ISS-Mitbegründer Jochen Hofmann hat sich der Meerholzer Ortsvorsteher über die jüngsten Vorfälle im Verkehr an der Ysenburgschule informiert. Hier wäre es im Dezember fast zur Katastrophe gekommen.
Erst vor wenigen Tagen hat sich die Initiative Sicherer Schulweg Gelnhausen (ISS) an die Öffentlichkeit gewandt, um auf die aus ihrer Sicht nach wie vor gefährlichen Umstände rund um die Ysenburgschule aufmerksam zu machen (die GNZ berichtete). Hier hatten mehrere Personen beobachtet, wie ein sogenanntes Elterntaxi eine Schülerin beim Rangieren vor dem Pausenhof fast überfahren hatte. Die ISS hatte daraufhin ihren Lageplan für die Elternhaltestellen überarbeitet.
Frankfurter Straße: Schüler auf Radweg von Lastwagen erfasst
Seit geraumer Zeit beschäftigen sich auch die Ortsbeiräte in Hailer und Meerholz mit dem Thema, Jochen Zahn hat die Sicherheit im Straßenverkehr seit Langem zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit als Ortsvorsteher in Meerholz gemacht. Nach den jüngsten Vorfällen an der Ysenburgschule hat er ein weiteres Mal das Gespräch mit der Initiative gesucht. Die Ereignisse im Dezember, sagt er, seien nur eine Frage der Zeit gewesen. „Wir sind uns einig, dass es fahrlässig wäre, an dieser Situation nichts zu ändern“, berichtet Zahn von dem gemeinsamen Gespräch mit ISS-Mitbegründer Jochen Hofmann.
Doch die Ysenburgschule ist nicht der einzige Brennpunkt, den die ISS auf dem Schirm hat. Immer wieder kommt es im Bereich des Grimmelshausen-Gymnasiums, der Elisabeth-Strupp-Schule, aber auch an der Philipp-Reis-Schule zu brenzligen Situationen. Und auch der sonstige Weg durch die Stadt ist für Schüler riskant. Erst im vergangenen Herbst wurde ein Schüler mit dem Fahrrad auf dem Radweg parallel zu der Frankfurter Straße von einem Lastwagen erfasst und brach sich ein Bein, berichtet Jochen Hofmann. „So etwas macht Angst, und das schmälert natürlich die Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder alleine zur Schule gehen zu lassen.“
Was sollte die Stadt aus seiner Sicht tun? Als einen der ersten Schritte hat die Verwaltung bereits 2023 Kontakt zum „Fachzentrum Schulisches Mobilitätsmanagement“ des Landes Hessen (IVM) aufgenommen. Ziel ist es, einen Mobilitätsplan inklusive Vorschlägen zu erarbeiten, wie die Probleme im Bereich der Schulen gelöst werden könnten. Und mittlerweile sind die weiteren Schritte zur Beratung eingeleitet worden, erläutert Hofmann. Und dabei geht es um fast alle Schulen in Gelnhausen. Das Fachzentrum analysiert Probleme auf den Schulwegen und bringt die Akteure zusammen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Allerdings: „Leider gab es viele Verzögerungen in diesem Prozedere, ohne die wir schon vor einem Jahr hätten beginnen können, Konzepte zu erstellen“, sagt Hofmann. „Doch auch wenn die Konzepterstellung nun endlich bevorsteht, bedeutet das nicht, dass man tatenlos darauf warten muss, sondern akute Probleme sofort angehen sollte. Das Gute ist dabei: Das IVM profitiert von lokalen Lösungsvorschlägen, die es auch in seine Analysen mit einfließen lässt.“
Mehr Kontrollen und strengeres Tempolimit
Und auch sonst könnten bereits weitergehende Ergebnisse vorliegen, meint der ISS-Mitbegründer: „Wir bitten seit Langem darum, dass sich alle Akteure, auch die Eltern, mit der Stadtverwaltung an einen Tisch setzen, um über das Erreichte zu sprechen und weitere Verbesserungen anzustoßen – nicht nur an der Ysenburgschule, sondern auch möglichst an allen Schulen in Gelnhausen.“
Zumindest an der Ysenburgschule sei dies 2023 kurzzeitig erreicht worden: „Die Gelnhäuser Ortsbeiräte stehen an der Seite der ISS“, sagt Jochen Zahn. „Wir haben erfolgreich zusammen mit Vertretern der Stadt in einer Arbeitsgruppe ein Programm für die Verkehrssituation an der Ysenburgschule entwickelt.“ Aufgrund der Sackgasse vor dem Pausenhof scheiden größere bauliche Veränderungen hier weitgehend aus.
ISS: Über Schülerlotsen nachdenken
Zu tun gibt es an vielen Stellen viel: an der Ysenburgschule als auch an allen anderen Schulen im Stadtgebiet. Die ISS regt deutlich mehr Kontrollen von Geschwindigkeit und Parkverstößen an – und ist sich auch hier mit dem Meerholzer Ortsvorsteher Jochen Zahn einig. Der kämpft seit Langem dafür, die komplette Ortsdurchfahrt in Meerholz zur Tempo-30-Zone zu machen. „Auch das Pflegeheim Schloss Meerholz fordert dies, die Stadt verweist jedoch immer nur auf Hessen Mobil“, sagt der Ortsvorsteher. „Die Umgestaltung der Seestraße, die komplett zu einer 30er-Zone wird, zeigt ja, dass der Landesbetrieb durchaus offen für solche Belange ist. Die Anregung für das Tempolimit in der Seestraße kam von Hessen Mobil.“ Eine weitere Forderung der Initiative, die Zahn unterstützt: gut sichtbare Querungshilfen für Fußgänger an den Schulwegen, möglichst einheitlich im gesamten Stadtbild. Und noch ein Gedanke treibt die Mitglieder der Initiative um: „Es wäre sinnvoll, über ein Schülerlotsensystem nachzudenken“, meint Jochen Hofmann. „Natürlich erfordert das einige Organisationsarbeit, würde aber dann durch ehrenamtliches Engagement getragen und wäre in diesem speziellen Fall eine sinnvolle Ergänzung für die Stadtpolizei.“ Schülerlotsen, ist er überzeugt, könnten sich auch für die Stadt auszahlen – als „Seismografen für Problemzonen“.
Jochen Zahn: Präventionsrat endlich einberufen
Das richtige Gremium, um über solche Fragestellungen zu sprechen, wäre der städtische Präventionsrat, sind sich Zahn und Hofmann einig. Dieser entstand vor einigen Jahren im Rahmen des Sicherheitsprogramms KOMPASS und wurde zwar vor einiger Zeit wiederbelebt, zu Sitzungen kommt er allerdings nicht zusammen. Dabei bilden gerade die dortigen Mitglieder (Vertreter der Ordnungsbehörden, Kommunalpolitik und Bürgerschaft) aus ihrer Sicht eine ideale Schnittmenge, um Probleme herauszuarbeiten und Lösungen zu entwickeln. Dabei sei es wichtig, Betroffene mit einzubeziehen, betonen Hofmann und Zahn. „Bei einer Umfrage im Rahmen des Sicherheitsprogramms hat bereits 2019 der mit Abstand größte Anteil angegeben, dass er ‚undisziplinierte Verkehrsteilnehmer‘ als Gefahrenschwerpunkt in der Stadt sehe“, meint Jochen Hofmann, „eine Aussage, die aufmerksam machen sollte.“ Und Jochen Zahn ergänzt: „Es wäre die ureigenste Aufgabe des Präventionsrats, sich mit der Sicherheit der Schüler und aller anderen Verkehrsteilnehmer zu beschäftigen. Es gibt viele Möglichkeiten, die Situation zu verbessern. Man muss aber auch einmal anfangen, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen.“