Scheinheilig und dreist
Um im Meerholzer Neubaugebiet „Mittlauer Weg“ einen Weg nach vorne zu gehen (…) schlagen die Gelnhäuser Sozialdemokraten die zeitnahe Änderung des Bebauungsplanes vor. (…) In diesem Zusammenhang übt er dafür scharfe Kritik am früheren Kooperationspartner, den „Bürgern für Gelnhausen“ (BG), die die Bewohner des Neubaugebietes zum Spielball der Politik gemacht hätten und maßgeblich Schuld an der miserablen Stimmung und dem aktuellen Stillstand trügen. In dem Artikel in der GNZ vom 29.11.2019 greift er außerdem den Vorsitzenden der BG-Fraktion und des Bauausschusses Bodo Delhey persönlich an.
Dazu veröffentlichte die GNZ am selben Tag einen Kommentar:
Scheinheilig und dreist
KOMMENTAR Von David Noll
Die Äußerungen von SPD-Fraktionschef Ewald Desch zum Neubaugebiet „Mittlauer Weg“ sind nicht nur scheinheilig. Sie sind auch dreist. Und das in mehrfacher Hinsicht.
Monatelang haben die Sozialdemokraten geschwiegen. Zum „Mittlauer Weg“ haben sie geschwiegen, zur Causa Stadthalle haben sie geschwiegen und zur Bima-Klage haben sie geschwiegen. Dabei tragen alle drei Themen dick und fett den Stempel „SPD“. Alle diese Baustellen haben nicht nur ihren Ursprung in der Amtszeit eines sozialdemokratischen Bürgermeisters. Sie sind darüber hinaus vor allem sachlich mit dem langjährigen Bauamtsleiter und SEG- und HVG-Geschäftsführer verknüpft, der bekanntlich ebenfalls ein SPD-Parteibuch besitzt und über seine verschiedenen Ämter und Funktionen auch in die Partei hineingewirkt hat. Das bisherige Schweigen der Genossen war also nur allzu verständlich.
Nun haben sich die Sozialdemokraten offensichtlich für eine neue Taktik entschieden – und greifen die „Bürger für Gelnhausen“ scharf an. Ein scheinheiliges Ablenkungsmanöver, ein dreistes obendrein. Die BG hätten die Bewohner des Mittlauer Wegs zum „Spielball der Politik“ gemacht und seien alleine für das schlechte Klima und das Misstrauen im Neubaugebiet verantwortlich, argumentiert SPD-Fraktionschef Desch. Eine Aussage, die man sich tatsächlich eine Sekunde lang auf der Zunge zergehen lassen muss. Nur zur Erinnerung: Es waren die BG, die die Vorgänge um die offensichtlich rechtswidrigen Verkäufe und Verpachtungen öffentlicher Grünflächen an private Anwohner an die Öffentlichkeit gebracht haben. Es waren maßgeblich die BG, die für Aufklärung sorgen wollten, im Parlament, in anderen Gremien wie dem einberufenen Akteneinsichtsausschuss. Oft genug sind die BG dabei auf Widerstände der SPD-Fraktion gestoßen, teilweise wurden BG-Redner von SPD-Stadtverordneten niedergebrüllt und am Reden gehindert, wenn sie Hintergründe zu den Vorgängen öffentlich darstellen wollten. Nun aber sollen es ausgerechnet die BG gewesen sein, die die Anwohner gegeneinander aufgebracht haben. Ein Argument, das so hanebüchen ist, dass es fast sprachlos macht. Ebenfalls zur Erinnerung: Es waren Beschlüsse von Magistrat und SEG, die die Verkäufe und Verpachtungen entgegen eindeutiger Vorgaben des Bebauungsplans und den folgenden Ärger erst ermöglicht haben.
Die drei genannten Baustellen haben nicht nur gemein, dass sie maßgeblich eine SPD-Handschrift tragen. Sie eint auch, dass sie der Stadt – und damit dem Steuerzahler – teuer zu stehen kommen könnten. Daran sollten sich die Sozialdemokraten besser erinnern, wenn sie nun plötzlich dazu übergehen, öffentlich politische Mitbewerber anzugreifen. Deshalb wäre die Gelnhäuser SPD gut beraten, entweder ebenfalls für umfassende Aufklärung der offensichtlichen Missstände zu sorgen – oder eben weiter zu schweigen.