Gelnhausens marode Schatzkammer

Du betrachtest gerade Gelnhausens marode Schatzkammer

Die ehemalige Winterschule fristet ein tristes Dasein als Lager historischer Objekte. Jetzt wollen die Stadtverordneten nach einer neuen Nutzung der Immobilie suchen.

Die ehemalige landwirtschaftliche Winterschule in der Gelnhäuser Altstadt fristet ein trauriges Dasein als Lager. Das soll sich nun ändern. Foto: Abel

Gelnhausen (mab). Sie könnte ein Glanzpunkt der Altstadt sein, doch bislang wird die ehemalige Winterschule in Gelnhausen nun als Lager genutzt, in dem unzählige Exponate dem Verfall überlassen werden. Das soll sich künftig ändern.

Verantwortlich für die neue Diskussion um die ehemalige landwirtschaftliche Winterschule in der Gelnhäuser Altstadt ist ein gemeinsamer Antrag von CDU und Bürgern für Gelnhausen (BG), der in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung geschlossen verabschiedet wurde. Demnach soll das historische Gebäude erhalten und einen Mehrwert für die Bürgerschaft schaffen, heißt es in der Beschlussvorlage, die auf der Tagesordnung der jüngsten Stadtverordnetenversammlung stand.

Besitzverhältnisse der Exponate sind ungeklärt

Doch so einfach ist die Angelegenheit nicht. Wie Mario Röder (BG) betonte, muss das Gebäude erst einmal geräumt werden, bevor die unterschiedlichen Nutzungsformen überhaupt geprüft werden können. Und auch das hat seine Tücken. „Die ehemalige Winterschule ist bis zum Dach mit Exponaten gefüllt, die zum Teil der Stadt und zum Teil dem Geschichtsverein gehören. Keiner weiß, was genau da lagert. Laut Verein dauert eine Sichtung der Dokumente und Gegenstände 40 Jahre.“ Der Verein kann allerdings seit Jahren nicht mehr im Gebäude arbeiten. Und weitere eingelagerte Objekte machen dies noch schwerer.

Davon ist auch Kernstadt-Ortsvorsteherin Victoria Schmidt (SPD) überzeugt, die das Gebäude mit ihrem Gremium im Juli besichtigt hat. „Es war sehr spannend. Playmobil-Kisten im Gang, die Räume voller landwirtschaftlicher Geräte oder Möbel und auf dem Dachboden die Reste der ehemaligen Bibliothek – einfach sehenswert“, berichtete sie im Parlament. Bilder durften die Mandatsträger dabei nicht machen. „Aber es war allen Anwesenden klar, dass hier jahrelang Potenzial geschlummert hat.“

Das gilt sowohl für die Exponate als auch für das Gebäude selbst. Klar ist allerdings, dass die marode Immobilie als Lager denkbar ungeeignet ist. „Hier werden Gegenstände im Grunde nur gelagert, um kontrolliert zu verrotten“, sagte Bürgermeister Christian Litzinger. Immerhin wurde vor einigen Jahren ein Schaden am Dach repariert, wodurch die historischen Objekte zumindest vor Regen geschützt sind.

Schon Ende 2024 hatte der Rathauschef den Umstand, dass sich Teile des Stadtarchivs in der ehemaligen Winterschule befinden, als unhaltbar bezeichnet. „Die Räume sind feucht, schlecht isoliert und können nicht ausreichend beheizt werden.“ Damals hatte er angekündigt, die Exponate in das zweite Obergeschoss der neuen Feuerwache in Höchst unterzubringen, um sie dort sichten und angemessen archivieren zu können. „Die Pläne sind nach wie vor aktuell, allerdings mussten wir erst nach einem neuen Archivar suchen“, sagte Litzinger jetzt im Gespräch mit der GNZ. Der ist seit dem Spätsommer gefunden. Doch bevor er die Exponate sichten kann, müssen zunächst die komplizierten Besitzverhältnisse geklärt werden. Ein Problem: Bislang sind die Exponate weder beschriftet noch sortiert. „Niemand weiß, in welcher Beziehung viele der Sachen überhaupt zu Gelnhausen stehen“, meinte Litzinger. „Die Wahrheit ist, dass hier jahrelang alle möglichen Dinge einfach abgestellt und vergessen wurden.“ Ob sich also der eine oder andere historische Schatz hinter den feuchten Wänden der Winterschule verbirgt, steht noch nicht fest.

Um das herauszufinden, schlagen CDU und BG in ihrem Antrag vor, ein Interimslager anzumieten, beispielsweise im ehemaligen Ikarus-Lager am Herzbachweg oder im ehemaligen Veritas-Lager am Galgenfeld. Palettenweise sollen die Dokumente dann dem Geschichtsverein oder dem Stadtarchivar zur Verfügung gestellt werden.

Stadtverwaltung will alte Nutzungskonzepte vorstellen

Ist das Gebäude dann erst einmal leer, soll der Magistrat mögliche und wirtschaftlich tragfähige Nutzungsmöglichkeiten für die Winterschule prüfen, fordern CDU und Bürger für Gelnhausen, und stellen mehrere Ideen in den Raum. So könnte das Gebäude ein Ort für Bildung und Kultur werden und von Vereinen, der Volkshochschule oder für Veranstaltungen genutzt werden. Eine weitere Idee: eine Begegnungsstätte, ein Mehrgenerationenhaus oder ein Ort für diverse Initiativen. Zuletzt regen die Antragsteller an, das Gebäude auch als Büro- und Gewerbefläche zu nutzen, sofern dies mit dem Charakter der Immobilie vereinbar ist.

Nicht zuletzt stellen auch die Besitzverhältnisse des Gebäudes selbst eine Herausforderung dar. Denn die Stadt hat die ehemalige Winterschule von der Wilhelm-Schöffer-Stiftung gepachtet, die ebenfalls in die Überlegungen einbezogen werden muss. Die Diskussion ist allerdings alles andere als neu. „Was ich in meiner ersten Legislaturperiode schnell gelernt habe, ist, dass es immer schon irgendwelche Pläne gibt, die vor Ewigkeiten irgendwo irgendwem vorgestellt wurden und dann in die Vergessenheit der Schubladen im Rathaus wanderten“, betonte Victoria Schmidt in der Stadtverordnetenversammlung. Beim Areal um die Winterschule müsse die Stadt also nicht bei null anfangen. „Im Rahmen der Altstadtsanierung hat es bereits zahlreiche Untersuchungen und Konzepte gegeben“, sagte die Ortsvorsteherin.

Auch Bürgermeister Christian Litzinger bestätigte das im Gespräch mit der GNZ: „Es gab viele Ideen für das Gebäude, darunter ein Parkhaus, ein Wohnhaus oder einen Kindergarten.“ Er sicherte dem Parlament zu, die alten Planungen und Untersuchungen, die das Büro Rock und Rob im Zuge der Altstadtsanierung erarbeitet hatte, vorzustellen – wie es die SPD in einem Änderungsantrag gefordert hatte, der ebenfalls einstimmig beschlossen wurde. Und auch eine weitere Forderung der Sozialdemokraten fand eine Mehrheit: So sollen die Eigentumsverhältnisse der in der Winterschule gelagerten Exponate im Kulturausschuss aufgearbeitet werden – ein Verfahren, das hoffentlich keine 40 Jahre benötigen wird. Doch wie kam es überhaupt zu dieser Situation? Ein Grund, verriet Victoria Schmidt, ist der, dass vor langer Zeit der Bürgermeister zugleich der Vorsitzende des Geschichtsvereins war. „Wenn ein Exponat einer Person mit zwei Ämtern überreicht wurde – wem gehört es dann?“ Eine mögliche Antwort gab Bürgermeister Litzinger im Parlament: „Im Zweifelsfall der Stadtgesellschaft.“