Weiter Wirbel um den „Mittlauer Weg“: Wählergruppe als einzige Fraktion offenbar nicht zu Treffen im Rathaus eingeladen / Kritik an Verzögerungstaktik und Hinterzimmerpolitik des Bürgermeisters
Gelnhausen (re/mb). Die Vorgänge rund um das Neubaugebiet „Mittlauer Weg“ in Meerholz sorgen weiter für Wirbel. Nachdem Bürgermeister Daniel Glöckner wegen eines formalen Fehlers Widerspruch gegen die Bildung eines Akteneinsichtsausschusses eingelegt hat, wirft die BG dem Rathauschef eine Verzögerungstaktik vor. Darüber hinaus untermauert die Wählergruppe den mehrfach von der CDU geäußerten Vorwurf der Intransparenz und Hinterzimmerpolitik des Bürgermeisters. Der Grund: Glöckner hatte (fast) alle Fraktionsvorsitzenden kurzfristig zu einem Gespräch über den „Mittlauer Weg“ ins Rathaus eingeladen – die BG war dabei offenbar unerwünscht.
In einer Mitteilung kritisiert die BG, dass durch den Widerspruch des Bürgermeisters die Bildung und Arbeit des Akteneinsichtsausschusses weiter verzögert werde. Statt endgültig und schnellstmöglich für Transparenz zu sorgen, geschehe das Gegenteil in Hinterzimmergesprächen. „Das Wort Hinterzimmerpolitik, das bei der letzten Stadtverordnetenversammlung eine heftige emotionale Reaktion des Bürgermeisters auslöste, scheint leider wieder neue Bestätigung zu finden“, merkt der BG-Fraktionsvorsitzende Bodo Delhey an.
Am 19. Juni habe Glöckner über die Presse mitgeteilt, dass er wegen eines formalen Fehlers Widerspruch gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung einlegen werde. Die Folge sei, dass der Ausschuss neu zusammengesetzt werden müsse. Der Beginn der Untersuchung werde damit einmal mehr verschoben. Die wesentliche Botschaft in der Pressemitteilung sei jedoch eine ganz andere gewesen: „Außerdem weist der Bürgermeister darauf hin, dass die Einsichtnahme in Akten der Stadtentwicklungsgesellschaft nicht im Ausschuss, sondern durch die Aufsichtsräte erfolge“, zitiert die BG aus Glöckners Mitteilung. BG-Stadtverordneter Jochen Zahn: „Dem aufmerksamen Betrachter wird sofort klar, diejenigen, die für das ganze undurchsichtige Vorgehen verantwortlich zeichnen, kontrollieren sich selbst.“ Denn der Aufsichtsrat setze sich aus dem Bürgermeister, den beiden Geschäftsführern der SEG und jeweils einem Stadtverordneten der SPD und der BG zusammen, nachdem die CDU einen Sitz zurückgegeben und bisher nicht mehr besetzt habe. „Honi soit, qui mal y pense – ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt!“
Getoppt werde das Ganze anscheinend jetzt durch einen neuen Schachzug im Possenspiel um die Akteneinsicht. Am Freitag, 14. Juni, habe nach Informationen der BG im Rathaus um 8.30 Uhr eine kurzfristig angesetzte Sitzung stattgefunden, zu der die Fraktionsvorsitzenden am Mittwochabend eingeladen worden seien – mit Ausnahme des BG-Fraktionschefs. Geladen habe der Bürgermeister, der selbst aber wegen eines anderen Termins nicht zugegen gewesen sei. Statt seiner habe Günther Kauder, ehemaliger Bauamtsleiter und noch aktueller Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft, die Kommunalpolitiker empfangen. Kauder habe versucht, so die BG, die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD, FDP und Grünen davon zu überzeugen, der 2. Änderung des Bebauungsplans „Mittlauer Weg“ zuzustimmen und nicht erst die Ergebnisse des Akteneinsichtsausschusses abzuwarten. Auf die Frage, warum denn die BG nicht anwesend sei, soll er demnach geantwortet haben, dass deren Position ja bekannt sei. Aus diesem Grund sei keine Einladung an die BG erfolgt.
„Ein solches Verhalten ist nicht mehr in Worte zu fassen“, ärgert sich Zahn. In der letzten Stadtverordnetenversammlung habe die CDU-Stadtverordnete Petra Schott-Pfeifer das Wort „Hinterzimmerpolitik“ in den Mund genommen, verbunden mit der nicht mehr vorhandenen Transparenz der Verwaltung gegenüber dem Stadtparlament. Wutentbrannt sei damals der Bürgermeister ans Rednerpult gestürmt, habe sich vor die Stadtverordnete gestellt und sich lautstark und vehement solche Vorwürfe verbeten. „Nun drängt sich schon die Frage auf: Was muss man von einem Rathauschef halten, der einen solchen Auftritt hinlegt und wenige Tage später genau diese Hinterzimmerpolitik betreibt beziehungsweise unterstützt? Und das leider nicht zum ersten Mal. Von der im Wahlkampf viel gepriesenen Transparenz und Bürgernähe ist weit und breit nichts zu sehen.“
Abschließend weist die BG an dieser Stelle auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2017 hin, das die Kontrollrechte im Bundestag immens gestärkt habe. Ausgang seien Klagen von Grünen-Abgeordneten gewesen, die ihre Fragen zum Bauprojekt „Stuttgart 21“ sowie zu Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen während der Finanzkrise nicht zu ihrer Zufriedenheit beantwortet sahen. Die Karlsruher Richter hätten damals der Praxis des Staats, unter dem Mantel einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft zu schlüpfen, eine Abfuhr erteilt; die Bahn war in den neunziger Jahren in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden, gehört aber weiter zu 100 Prozent dem Bund. Sie diene daher nicht der Ausübung individueller Freiheit Einzelner und könne sich deshalb nicht auf Grundrechte berufen. Laut der Verfassungsrichter führe das Urteil zu einer „Stärkung des parlamentarischen Informationsrechts“, ohne das eine effektive Oppositionsarbeit im Bundestag nicht möglich sei.
Der Wirbel um das Neubaugebiet „Mittlauer Weg“ in Meerholz reißt nicht ab. FOTO: SCHÖNEBEK