Während die Stadt gespannt auf die Fertigstellung des neuen Forsteinrichtungswerks wartet, präsentieren die Bürger für Gelnhausen (BG) ihre Vorstellungen von der künftigen Entwicklung des Gelnhäuser Stadtwaldes.
Für die BG ist klar: Es soll eine naturnähere Entwicklung sein. Die Grundlage dafür hat die Stadtverordnetenversammlung im Juni vergangenen Jahres geschaffen. Sie beschloss als neue Prioritäten für die Bewirtschaftung des Waldes 1. Anpassung an den Klimawandel, 2. Naturschutz, 3. Erhaltung der Wasserspeicherfähigkeit, 4. Naherholung. „All diese Aspekte sind Leistungen eines gesunden Waldökosystems“, sagt Bodo Delhey, Stellvertretender Vorsitzender der BG. „Wir müssen also nur dafür sorgen, dass unser Stadtwald gesund bleibt.“ Um das zu erreichen, müssten alle beeinflussbaren Stressfaktoren minimiert werden.
Jeder Eingriff schädigt und schwächt den Wald. Besonders kritisch sieht die BG weitere Auflichtungen. Denn Wald schafft sich sein eigenes Standortklima, wenn man ihn lässt. Jeder kennt die angenehme Kühle im Schatten eines Buchenbestandes mit geschlossenem Kronendach an heißen Sommertagen. In den letzten Jahren ist der Stadtwald allerdings immer lückiger geworden. Hier summieren sich die Effekte von der Beseitigung borkenkäferbefallener Fichten, Durchforstungsaktionen und Sturmschäden.
Auflichtung führt zur Aufheizung, und Auflichtung schafft Ränder, an denen hochgewachsene Bäume der Sonne und dem Wind schutzlos ausgesetzt sind. Es gilt zu verhindern, dass der Stadtwald durch solche Effekte in eine Abwärtsspirale gerät.
Da Wirtschaftlichkeit, das heißt Erträge aus dem Holzverkauf, nicht mehr zu den Prioritäten gehören, sieht die BG Spielraum dafür, den Holzeinschlag im Stadtwald zu reduzieren. „Wir begrüßen, dass unser Revierförster dies in der Hiebsplanung für 2023/24 schon ein Stück weit berücksichtigt hat“, lobt BG-Mitglied Mario Röder, Vorsitzender des Bau- und Umweltausschusses. „Wenn wir einen klimaresilienten Wald wollen, müssen wir die Holzentnahme jedoch weiter reduzieren.“ Das heiße aber auch, dass nicht mehr allen Wünschen von Bürgern nach Brennholz aus dem Stadtwald entsprochen werden könne.
Für einen gesunden, anpassungsfähigen Wald setzen die Bürger für Gelnhausen auf natürliche Verjüngung. Sie wollen die Standortbedingungen darüber entscheiden lassen, welcher Baum sich jeweils durchsetzt. Der Stadtwald ist in großen Teilen ein schöner Laubmischwald – dominiert von Buchen, aber mit eingestreuten Eichen, Hainbuchen, Bergahorn und sogar Esskastanien. Alle enthaltenen Arten verjüngen sich auf natürlichem Weg, wie jeder Spaziergänger feststellen kann. Ein gepflanzter Baum ist immer ein Baum mit Handicap. Das Wurzelwerk ist schlechter ausgebildet und schafft es meist nicht, an tiefergelegenes Wasser im Boden zu kommen.
Die BG betont die überragende Bedeutung des Bodens, des darin gespeicherten Wassers und der dort lebenden Organismen für die Resilienz des Waldes. Wird der Boden durch tonnenschwere Maschinen verdichtet, verliert er seine Speicherfähigkeit für Wasser. Das verschärft den klimabedingten Stress für die Bäume. Unter Bodenverdichtung leiden auch Pilze und andere Bodenorganismen, deren Aufgabe es ist, die Nährstoffe von Laubstreu und totem Holz den Bäumen wieder verfügbar zu machen.
Profitieren kann das Waldökosystem von mehr Totholz. Stehendes Totholz bietet als wichtiges Strukturelement im Wald vielen Vögeln, Wirbeltieren und Insekten Lebensraum. Liegendes Totholz wird allmählich von Pilzen und Insekten zersetzt. Totholz sichert so die Artenvielfalt im Wald und schafft das perfekte Nährbett für Baumkeimlinge. Es speichert Wasser, wird zu nährstoffreichem Humus und spendet Schutz.
Philipp Buchenau, BG-Mitglied und Stellvertretender Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Gelnhausen Mitte, hat den Wildbestand als Einflussfaktor für die Waldentwicklung besonders im Blick. Wildschweine im Wald sieht er als durchaus nützlich, weil sie den Boden auflockern und Baumsamen verbreiten. Reh- und Damwild verursache in einigen Bereichen des Stadtwaldes seit Jahren starke Verbissschäden, insbesondere an jungen Weißtannen, die anstelle der Fichten zukünftig als Holzlieferant dienen sollen. „Da kann nur eine intensivere Bejagung helfen“, so Buchenau. Die Jagdgenossenschaft GN-Mitte hat sich dieses Problems inzwischen angenommen.
Die BG erinnert daran, dass der Stadtwald ein Bürgerwald ist: „Wir alle wollen auch in Zukunft von den Leistungen eines gesunden Waldes profitieren. Das neue Forsteinrichtungswerk stellt dafür hoffentlich die richtigen Weichen.“